FRITZ TEUFEL
DIE REISE NACH FINDLAND
                  ODA:
  MEHR LIEBE FÜR DIEBE
1. Kapitel:   AB NACH SCHWEFILAND

Die Reise beginnt wie die Abfahrt von Briatico: wir verpassen den Zug um halb
Zwei um fünf Minuten, weil vor den Fahrkartenschaltern so ellenlange
Schlangen stehen. Der nächste Zug geht um 17Ua 24. Zwischendurch machen
wir Picknick im Tiergarten und quatschen mit Ingrid und Achmed. Der Zug hält
ne halbe Stunde auf irgendeinem Tätärä-Bahnhof und is mit ner halben Stunde
Verspätung um Neun in Büchen. Nach der Strecke vom Wedding zum Zoo führt
unsre erste längere Radetappe von Büchen nach Lübeck. Wir verfehlen im
Dunkeln den Kanal und brauchen mit Verschnaufpausen fast sechs Stunden für
die 50 km und bis wir die Rübenkoppel gefunden haben. Da sind zum Glück noch
welche wach. In Mammis Vorderreifen hat der etwas zu tief eingestellte
Dünnamo rechts ne Rille gescheuert. Dok fährt lieber ohne Licht, weil mit
Dünnamo noch mal so stark gestrampelt werden muss. Achim hat Probleme
mit`m Rücklicht und fehlendem Ständer.
Als Schüler zahlen wir für die Fähre, die uns des nachts und soeben von
Travemünde nach Trelleborg bringt, etwas weniger.
Achim liegt mit`m Kopf auf`m Tisch des Selbstbedienungsrestorangs der Peter
Pan, während Dr. Lo wunderschöne Fahrräder in sein Buch malt.
Auf wunderbaren autofreien Waldwegen hat uns Mulinex von Lübeck zum
Skandinavienkai in Travemünde gelotst. Vorher war die Mammi noch mit Mulinex
in der Wagnitz schwimmen, ans andre Ufer und zurück. Gutes Schwimmen,
Vorgeschmack. Begegnung mit zwei Jungs, die auf Luftmatratzen schwimmend
Kriegsmarine spielten und zum Angriff übergingen. Wir mußten sie untertauchen
und einen Stöpsel aus der Luftmatratze vorübergehend konfiszieren. Im Garten
an der Rübenkoppel gabs Kirschen, Himbeeren und Erdbeeren. (Auch
Brennesseln, Ameisen und Fliegen). Vorgeschmack.
Jetzt haben wir uns noch mal durch die eng geparkten Omnibusse gequescht zu
dem Eck, wo ein Dutzend bepackte Räder stehen und die Knacktüten
geholt. Tische werden gerückt und Schlafsäcke aufm Boden ausgebreitet.
"Gute Nacht, Freunde!" sagt ein bärtiger Mitreisender und winkt.
Der Tüp aus der Tankstelle gestern nacht hat uns den Weg erklärt und jedem
eine Dose Cola geschenkt. Zwei davon sind noch da, aber wir haben sie beim
Schlafsackholen vergessen. Jetzt schielt die Mammi schon die ganze Zeit nach
einem Schluck abgestandenen Biers, den irgend jemand nicht ausgetrunken hat.
Vielleicht gibt`s noch irgendwas am Automaten : ein Pappbecher voll Bitter Lemon
für eine DM oder 3 Skr.
Das Schiff wibriert und leise klappern die Möbel.
Der Achim dreht sich was und Mammis Buch wird auch gleich zugeklappt.
Nochmal pissen und ab in die Horizont - Allee.....

Donnerstag früh vom Schiff, einfache Paßkontrolle, los. Erster Einkauf in Svedala.
Vom Postsparbuch abheben kann man nur in größeren Städten. Malmö,
Trelleborg, Lund oder Eslöv. Frühstück im Wald zwischen Svedala und Stefans-
dorp. Zum Nachtisch gibt`s Erdbeeren. Himbeeren gibt`s nachher am Wegrand.
Landschaftlich schöne Strecken versprechen grüngelbe Linien auf der Landkarte.
Besonders schön in der Mittagshitze bergauf mit Gegenwind. An manche Seen is
mitm Fahrrad nicht so gut ranzukommen oder sie sind von Enten zugeschnattert.
Abends rollts wieder, nachdem wir bei Genarp vor Müdigkeit und Erschöpfung an
der Straßenkreuzung im Gras eingeschlafen sind, nochn Einkauf in Genarp, in
Dalby Spiritus holen und einen Schokoscheik einpfeifen und dann geht`s immer
bergab nach Sandby und geradeaus nach Gårdstange, wo wir ein nettes
Plätzchen am See zum Kampieren finden. Neugierig schauen die Pferde von der
Koppel. Das Bad ist erfrischend und den Autolärm von der E 6 nehmen wir miß-
billigend in Kauf. Mammi klagt am Morgen über Kacknheuschnupfen
und etwas zerstochene Beene, die morgen ooch mit Nelkenöl eingeschmiert
werden sollen.
Aber der Tee ist fertig und die Kartoffeln dauern auch nicht mehr lange.

Am Freitagabend treffen wir auf der E 4 bei Fågerhult zufällig Jana und Ingo, die
aus der Gegenrichtung angeradelt kommen, sonst hätten wir sie wohl kaum
gefunden. Die Adresse die Achim hat, war nur die Postadresse. Bis dahin rollen
die Räder gut durch Felder und Wälder an herrlichen Seen vorbei. Gegen abend
springen wir in einen solchen.
Ingo hat heute (Samstag) Kuchen gebacken. Mit blauer Lebensmittelfarbe isser
schön grün geworden. Achims Hose war zu eng und hat ihm das Knie dick
gerieben. Einmal ist er gestern in den Graben gefahren und hat dabei allerhand
Klamotten ausm Lenkerkorb verloren, leider ooch den Fotoapparat, was er erst
später merkt. Zurückfahren? Dummerweise ist Janas Auto am Montag
ausgebrannt.
In Eslöv haben wir die Eslövvelfabrik nicht besichtigt, aber Kaffee getrunken,
vom Postsparbuch abgehoben, bei der Bank getauscht, eingekooft und bei der
Abfahrt ne Tüte vom Rad verloren, wobei ein Liter Joghurt naturel halb
ausgelaufen ist.
Dr. Lo glaubt, man kann hier sehr kreativ sein und produktiv. Im Wald, noch
naß vom Regen, Mücken und Blaubeeren. Die Schweden, denen wir bisher
begegnet sind, sind alle nett, adrett und freundlich. Ingo schenkt schwarzen
Kaffeetee aus und meint, der wird uns gut tun. Der Kaffee ist koffeinfrei. "Koffein
läßt den Körper schneller altern als Nikotin" erzählt Jana. Wir sitzen im Garten
neben der Blockhütte, ein wenig entfernt weiden ein halbes Dutzend junge
Rinder, rund rum Wald. Da klappt ne Autotür.
"Hej, hej - ist Söre Nilsson hier?" Ein schwedisches Ehepaar verschwindet mit
Eimern im Wald. Beerenpflücken.
Jana und ihre Anwältin haben sich überlegt, ob sie einen bösen Artikel über Jälp
in die taz bringen, der bei Janas Scheidung die Gegenpartei vertreten hat. Ingo
rühmt die Akkustik des Radios aufm Klo, hat aber beim Scheißen keine Maus
gesehen - jetzt tanzt er mit einer bunten Wollfadenpeitsche über die Wiese.
Achim schreibt Karten, Dr. Lo Briefe, die Mammi ins Buch, Jana strickt mit der
Rundstricknadel.
Fortlaufendetextezutippen, das macht einen verrückt - der sätzer und draußen
ist es bestimmt viel wärmer - dr. i.f. Loni.

Zwotet Kapitel
SCHAWEDEN

DIENSTAGMITTAG gegen Zwei sitzen unsre drei Haupt - und Superhelden im
Gartencafé Älmhult unterm Apfelbaum (Hand -  und Fußnote: Äppel sind noch
unreif.) und sind ziemlich groggi von der Etappe Trolleholm bei Fagerhuld bis
hier. Im Wald vor Älmhult wars ihnen zu mückig, die Nester davor waren nur
Punkte auf der Landkarte. Älmhult ist ne Riesenstadt mit Bahnhof und
Kaufhäusern. Sie sind jetzt auf der 120, auf der sie in ein paar Tagen
durchradeln können bis Kalmar, wennsewöllen. Sind jetzt so ziemlich genau ne
Woche untaweex.
Vorgestern, also Sonntag, war lazysunday (nich nur in the afternoon). Die Mammi
hat sich beim Salatsammeln in einen Kuhfladen gesetzt, war abends am Rande
eines Lagerkollaps und hat danach einen wunderschönen nebligen Wald-
spaziergang mit dem lieben dicken Pappi gemacht, von dem sie seelisch gestärkt
zurück kam.
Achim hat sich spontan entschlossen, nach Finnland mitzuradeln und hat sich
vorhin im Kaufhaus zwei Pedale gekauft, weil seine es nach seiner Einschätzung
nicht mehr lange machen. Eiserne Pedalreserve.
Gestern war ein Glüxtag für alle Berliner in Schaweden. Achim hat den Foto-
apparat im Straßengraben wiedergefunden, nachdem sie vierzig Kilometer ohne
Gepäck zurückgeradelt sind, was sehr angenehm war. Und Jana hat inzwischen
ihr ausgebranntes Auto wieder repariert gekriegt.
In Röke haben sie noch ein paar Kleinigkeiten besorgt, z.B. eine elastische Binde
für Achims Knie.
Christels Pumphose leistet gute Dienste beim Radeln und übahaupt.
Am Samstag oder wann haben sie einen ganzen Topf voller Blau- und Rausch-
beeren gesammelt und schön im See gebadet und abends Hase und Igel
gespielt, wobei selbstverständlich Ingo gewann, dieser liebenswürdige und
gescheite Freund seiner Mutter.
In der Nacht aufm Montag hatte die Mammi fürchterlich blutige Träume und bei
Lonidok fing die rote Woche an. Das Nelkenöl ist schon halb verschmiert und
wenn sie nicht bald stichlingsimmun werden, müssen sie sich neue Mittel
besorgen. Der Piepser ist eher ein Witz. Die Sonne knallt vom Himmel wie im
Hochsommer, der ja auch angesagt ist.
Mittwoch. Frühstück in Konga.
Da suchste nur ein Plätzchen zum Scheißen und schon sitzte wieder mitten
zwischen die Blaubeeren.
Vorm Folketshus in Konga, nich weit von der Wolwofabrik, hamse extra für
Radfahra aus Bärlin steinerne Tische uffjebaut, die früher wohl mal als
Mühlsteine dienten. Sind nicht so wacklig wie die im Gartencafé in Älmhult, wo
sie gestern noch von der Si-Ai-Ei-Agentin interjut wurden, die sich als Reporterin
der Lokalpresse ausgab, die wissen wollte, was deutsche Turis nach Schweden
treibt. (Vielleicht war sie auch Mitarbeiterin des Kaufhausdetektivs - warum hat
sie nach Vor- und Zunamen gefragt?). Hat ooch fotografiert und versprochen, ein
Exemplar des Artikels an Dr. Loni in der Dröhni zu schicken. Als sie von Älmhult
abfahren wollen, merkt Achim, dass an seinem Hinterrad eine Speiche gebrochen
ist. Schwedische Waldwege. Zurück nach Älmhult, drei Speichen gekooft und
einen Speichendreher für 12 Kronen und Speichen eingesetzt. Dann sind sie noch
ein Stück weitergestrampelt und haben vor so ner Staustufe kampiert, gekocht
und am nächsten Morgen, also heute, mehr Himbeeren gesammelt als sie beim
Frühstück essen können.
Das Frühstück in Konga war gut und reichhaltig.

Donnerstag.
Schaweden ist ein gutes Land zum Lernen.
Mittag am Meer.
Die E-66-Krise wurde vom großen Krisenstab unter Vorschwitz von Dr. I.F.L.
bewältigt. Nichts wie weg von dieser gottverdammten großen Autobahn und
lieber ein paar hundert Kilometer mehr auf wenig befahrenen Landstraßen.
Es is nochn langer Weg nach Schockholm, von Finnland ganz zu schweigen.
Kalmar isn ödes Yachtsegler - und Turinest. Am Meer, dicht bei der großen Öland-
brücke, wird spät abends gezeltet und gekocht. Von Ö-Land gips heuer nich mal
ne Fähre nach Karel Gottland und so werden sie sich wahrscheinlich bis Nyäsham
(kurz vor Norwegen) durchschlängeln. Wenn sie noch mal anner Dankstelle
vorbeikommen, möchte Dr. Lo aufs Klo. Vor den mit gutem Appetit futternden
Radlern sindse am Sörfen und Inswasserfallen. Vom Meer kommt eine kühle
Brise.
Freitag, halb Zwei, es ist unglaublich heiß.
Frühstück in Oskarhavn im Park. Finnland ist nähergerückt. Am Dienstag 16 Ua
soll das Schiff aus Gotland da einlaufen, das Montag 22 Uhr in Visby abfährt.
Einmal in der Woche, Reederei Carl Ekman. Dr. Lo mit Wadenkrampf hat diß
herausgefunden und will jedem die Fresse polieren, der noch mal behauptet,
irgendetwas gäb es nicht. Gibt es doch:
Die Fähre nach Visby von hier geht heute nacht um 24 Uhr und ist morgen früh
da. Ein Wochenende in Karel Gottland steht vor den drei Pedalören, die die letzte
Nacht in einem mückigen Waldstück verbrachten, wo der von der Landkarte
versprochene See spurlos verschwunden war.
Dafür konnte der Mista vom Rübenschlonz vorzüglich furzen. Die ganze Nacht.
Alle haben lange gepennt, im Zelt und auf bemoosten Steinen. Wieder auf den
Radis brannte die Sonne.
Achim will wissen, wieviel Kilometer wir schon hinter uns haben. Üban Daumen
gepeilt sinds einige Hundert. Gestern gabs allerhand Walderdbeeren, vom Rande
der E 66, später Himbeeren und Kirschen aus Mönsteras, nicht weit von dem
lustigen Haus mit der riesigen Frauenplastik im Garten.
Die drei Radfahra sehn vielleicht aus.
Dr. Lo macht sich schon Gedanken, obs in Finnland Waschsalongs gibt.
Allgemeiner Postkartentaumel im Park von Oskarshavn. Dr Loni, Achim und
schließlich ooch die Mammi schreiben an Bekannte und Verwandte.

Am Freitagabend sitzen sie am Badestrand in Oskarshavn. Doktor Lo studiert
schon den finnischen Sprachführer. Kaupa heißt Kaufmann. Achim fällt manches
ein, was er mal machen möchte: Schnaps brauen und Eichelkaffee.
Ein schneller Radler aus Düsseldorf hat bemerkt, dass sie sich gut versorgt
haben. Die schwedischen Hämbörger haben sie zum Glück schon verdrückt.
Schwedische Jugendherbergen hat sich der Düsseldorfer anders vorgestellt. Die
seien luxuriös und nur für Leute mit dicken Autos. Der Sohn hat Durchfall und
heute abend gibt`s bei ihnen gesammelte Himbeeren. Sie haben schon 1000
Kilometer hinter sich und wollen bis zu den Alandinseln und mit dem Auto
zurück.
"Am besten eine eigene Sprache entwickeln, wies die Magmaleute gemacht
haben."
"Wer sind denn die Magmaleute?"
"Ich glaub, das ist eine französische Gruppe, die aus Frankreich kommt oder aus
Schottland, die machen Musik mit Hammer, Amboß und lauter komischen Instru-
menten. Die haben auch ein Wörterbuch rausgebracht in ihrer eigenen Sprache...
Es gibt da son Buch, wie aus der Ursprache alles entstanden is... Wat man alles
Brösel nennen kann oder knorrig oder penunzig... Es gibt Dinge, für die gibt`s in
der Sprache kein Wort."
Dr. Lo denkt immer, am besten wärs, wennde ne Direktübertragung machen
könntest von den Bildern, die du im Kopf hast. Manchmal lassen die Wörter auch
Fantasien in dir entstehen, z.B. Schlonz hört sich schon so an wie das, was damit
gemeint ist.
Hugo Hertwig sagt, dass Mist etwas Misteriöses ist und "Wermut heilt
Schwermut."
Camping - Ehepaare machen ihre Abendspaziergänge; zwei dicke Mädchen
dschoggen am Meer entlang.
Der Himmel ist rot bemalt, süße Figürchen da, ein großer Keil dort, die Möwen
schrein, der Doktor pfeift.

Montagmittag in Visby, auf ner Bank im Stadtpark.
Halb Zwei und sie sind schon wieder mitm Frühstück fertig, haben vorher Geld
gewexlt, nämlich einen Reisescheck übern Hunni (15 Kronen Bearbeitungs-
gebühr) , Besorgungen gemacht (preiswert) und bei der Agentur Carl Ekman die
Tickets gekooft für 3 X 117 Kronen mit 10% Studirabatt.
Polish Baltic Shiping Co. steht aufn Tickets druff.
Das Wochenende in Gotland war ausgesprochen knallheiß.
Mista hat een sehr ungesunden Sonnenbrand uffm Rücken vom hemdlosen Radln
üba flache, holprige, staubige Straßen. Tandem- und Fahrradverleih ist hier die
große Turi- Attraktion. Visby ist ein Turinest wie La Valetta, wos aber nich so viele
schwedische Liebespärchen auf Tandems gibt.
Dafür gibt`s in Visby keine brauchbaren Finnlandkarten und die Ostsee stinkt an
allen Küsten Gotlands.
Die Turis fotografieren, wattet Zeuch hält.
Die Silesia fährt heut abend um Zehn oder so.
Ausm grauen Himmel is langsam die Sonne hervorgekrochen und Achim hat die
Kräuterpfeife gestopft.
Merkwürdigerweise wartet an Karel Gotlands Wegen nich nur überall die blau-
blühende Wegwarte (Zichorie), es gibt ooch Alpenjohannisbeeren zu entdecken.
Am Sonntag beim Zurückradeln von der stinkenden Ostküste Gotlands zur
stinkenden Westküste, bemerkte jemand dreimal dasselbe:
"Da bün ik aba platt."
Das war Achims Hinterreifen.

Dienstagmorgen an Bord der Silesia. Nach einem nächtlichen Unwetter über der
Ostsee ist der Himmel jetzt wieder blau mit weißen Wölkchen. Der polnische
Dampfer, der beim Ein- und Ausparken im Visbyhafen so aussah, als würde er
jeden Moment versinken, hat sich als ausgesprochen luxuriös entpuppt. Nachts
unter Deck wars etwas heiß und stickig wie immer auf solchen Teilen, aber jetzt
hat man vorzüglich geduscht und gespeist: westfälischer Pumpernickel,
schawedische Butter, französischer Pfefferkäse mit Cognac, ungarische Salami,
schottische Marmelade, dänischer Nugat und lauwarma Nescafé - fuideibl!
In der Bibliothek von Visby gabs die FAZ und die Blödzeitung vom Samstag.
BLÖD schreibt über vier festgenommene Hausbesetzer wegen "Beteiligung an
einem Tötungsdelikt", die einen toten Fixer irgendwo in einem Hausflur in
Schöneberg abgelegt haben. Spinnensenator Kumma sprach von einer
"Müllmentalität im Umgang mit Toten". Held des Tages jedoch ist der Mänätscher
von Franz Gans Beckenbauer, weil er mit Hilfe der Kripo einen Kidnapper
gefangen hat, einen pleitegegangenen Baggerunternehmer, der mit dem
Lösegeld nach Lateinamerika auswandern wollte.

Dr. Lo sinniert über Schowi- und Feminismus.
An Bord der Silesia sind mehr Fahrräder als Autos. Das hätten die drei Radfahrer
nicht gedacht, dass ihre Art zu reisen so verbreitet ist. Dafür sind sie die einzigen
mit alten schwarzen Rädern ohne Gangschaltung.
Möwen segeln hinterm Schiff.
Hosentausch. Achim trägt schon seit Fagerhuld statt der drückenden engen Cord-
schiens die bequeme Träningshose, die Dr. Lo vorher trug. Mammi setzt Flicken
auf die Schiens und beschließt, abwechselnd mit Dr. Lo die Schiens und die
Pumphosen zu tragen.

!!!!!!!!  Hier fehlen die nichtexisten Seiten, die auch im Buch ausgelassen
sind.!!!!

Drittes Kapitel:
ERFOLGSERLEBNISSE

Mittwochabend, 27. Juli osä., der zweite Tag in Finnland neigt sich.
Bei Shell in Sibboo gabs Spiritus und Klopapier, in Porvoo Landkarten.
Es wird zum erstenmal in einem finnischen See gebadet, Wasserläufer werden
beobachtet, Reispampe gegessen. Karten an die fromme Helene, ans Silly, an
Pesta und Bianca werden geschrieben.
Ein Herr mit Hut kommt übern See gerudert und erzählt in tadellosem
Reisefüherdeutsch von Gebirgswanderungen in Bad Leichenhall.

Donnerstag. Mammi ist früh aufgewacht nach einem Traum, die andern schlafen
noch. Neben dem Zelt unterhalten sich Finnen, die mit dem Auto da sind. Als sich
die Mammi zum Aufstehen entschließt, in die Hose schlüpft und aus der
Hundehütte klettert, hört sie gerade noch ein Auto wegfahren. Es ist noch sehr
kühl, ein bißchen Blau kommt durch die weißen Wolken. Es wird bestimmt noch
schönes Wetter heute.

Im Traum war der Mista wieder im Knast, sein Status irgendwie schwankend
zwischen Terrorist und entlassungsreif. Hochsicherheitsabteilung. Leferenz, ein
ehemaliger Klassenkamerad ist merkwürdigerweise bei der Raf. Aber gut drauf.
macht Witze und lacht mit mir. Frieder Holzbarth, der Bruder seines alten
Schulfreunds Holzkopf ist auch da, ihn zu besuchen. Es dauert lange bis dem
Mista dessen Vorname wieder einfällt. Er erzählt dem Mista etwas von einer IG-
Metallzeitung, der er ihm, dem Mista oder der Mista dem Holzkopfbruder
geschickt habe. Der Mista kann sich daran nicht erinnern, versteht nicht, was er
will, außer, dass es irgendwie gut gemeint ist.
In einem Nebenraum sitzen zwei Knackis an einem Tisch, ein Schließer dabei.
Der eine Knacki fragt den andern, was er denn von einer kleinen Pfeife hält.
Da setzt sich der Mista dazu und sagt, dass er nichts dagegen und verflucht
lange nichts mehr geraucht habe. Der Knacki sagt, das ließe sich machen.
Dummerweise wird der Mista jetzt von dem Schließer am Tisch und einem
zweiten, der sehr klein und giftig ist, weggeführt. Der Knacki steckt ihm
augenzwinkernd noch ein Päckchen und eine Dose Pfeifentabak zu. Hier, haste
wat zu roochen. Der Mista ist sicher, da ist was Gutes drin.
Unterwegs stolpert der Giftzwerg und rutscht fast mit dem Kopf in eine Schlinge,
beschuldigt den Mista, ihn da reingeschubst zu haben. Beide Schließer
versuchen, den Mista zu provozieren. Der beherrscht sich, beschwichtigt.
Anscheinend isses ne Ausführung zu den Eltern, aber das Haus in der Bimröder
Straße ist nicht mehr zu finden. Also zurück in den Knast.
Aber plötzlich ist der nette Knacki wieder da. Und sagt: "Da isses doch".
Und wirklich: Mista's Mutter kommt gerannt und macht die Tür auf. Der Tisch ist
schon gedeckt. Es gibt Schließerbraten. Die Schweine kriegen ooch was. Die
Atmosfäre entkrampft sich. Dem Mista ist alles recht, so lange die beiden nicht
auf die Idee kommen, ihm seine Rauchutensilien wegzunehmen.

Die Mammi wacht auf, liegt im Zelt, hört Stimmen finnisch reden...
Am Donnerstag gibt`s wieder eine Badestelle bei Iitti zum Baden und Kampieren.
Wasserschidarbietungen der finnischen Schuljugend. Zum Abendbrot Bratkar-
toffeln, Spargelsalat mit Krabben, Johannisbeermüsli und Müslipfannkuchen mit
Ananassaft. Achim bedauert es etwas, dass morgen zum Frühstück noch alles da
ist, denn schließlich hat er sich (wie die andern) an zwei Erfolgserlebnisse täglich
gewöhnt. Auf der 173 zwischen Myrskylää und Artjärvi allerhand aufrüttelnde
Waibreischns, am späten Nachmittag wurde es noch mal mächtig warm und
inzwischen wird`s wieder kühl. Achim jagt Finnsekten, ausm Äther kommt nur
Schwund. Die Enten machen Konzert. Der Tee ist fertig. Dr. Loni verschwindet im
Gebüsch. Ein rotbehoster Spätbader läuft über den Steg. Es ist viertel vor Zehn
und die Sonne ist gerade untergegangen. Dr. Lo ist wieder do, es hat geklappt
und man ist froh. Der Rotbehoste ist einmal reingesprungen und gleich wieder
rausgeklettert. Und dazu kommt er mit dem Auto her.

Samstagmittag bei Mäntiharju, wo man sich kurz vor Ladenschluß noch gut ver-
proviantiert hat. Achim meldet 30 abgelassene Zentimeter. Die erste Teilstrecke
heute vom Zeltplatz bei Hiloma war reichlich achterbahnig, jetzt siehts so aus,
als wärn es nur noch 2-3 Tagesreisen bis Sumatra/ Erikniemi.
Am Freitag hatte die Mammi den ganzen Tag leichtes Schädelweh und der liebe
dicke Doktor einen bösen Umfallunfall, zum Glück auf ebener Strecke und hat
sich dabei ein bißchen die Knie aufgeschlagen. Glücklicherweise kennen Indianer
keinen Schmerz.
Irgendwo auf der Holperstrecke zwischen Iitti und Jaala oder so machte eine
finnische Autofahrerin Handzeichen und packte der Mammi die Tasche voller
Bohnen. Einfach so.
Unterwegs werden wieder reichlich Walderdbeeren und Johannisbeeren
gesammelt, auch ein paar Blaubeeren.
Die letzte Nacht wollten unsere Reisefreiks eigentlich an der frischen Luft
verbringen, sind dann aber auf Anraten der hochtonig sirrenden Fluginsekten
doch wieder ins eigens zu diesem Zweck aufgebaute Zelt gekrochen.
Noch ne Ecke Nugatkrisp und Dr. Loni für sein Teil fühlt sich wieder fit für die
nächsten zwanzig Kilometer.
Mammi, die heute erst einmal gekackt hat, hat vorher noch was zu erledigen.
Auf der Reise lernt man allerlei. Zum Beispiel packen. Die Kochtöppe, for
exampel, nachdem sie heute bei der ersten Holperabfahrt vom Gepäckträger
gepurzelt sind, passen jetzt doch in die schwarze Tasche zu Zelt und
Schlafsäcken.
Und gegen die Kopfschmerzen gibt`s statt ner Pille Tee aus frisch gepflücktem
Johanniskraut.

Sonntag, 1. August, Frühstück am Saimabrückle. Mammis Hände, die nachm Bad
mal wieder ganz sauber waren, sind jetzt schon wieder blaurot vom Blaubeer-
pflücken.
Aus dem Faltboot kletterten Vater und Sohn und wünschten einen Guten Morgen.
Um sich nicht als (Deutsch-)Landsleute zu verraten, improvisierten die drei eine
Fantasiesprache. Dabei muss die Mammi so lachen, dass ihr der Kaffee durch die
Nase läuft.
Gestern Abend, kurz hinter Ristina, sind die drei zum erstenmal in ner finnischen
Kneipe gewesen, im Garten derselben, wo gerade ne Hochzeitsgesellschaft rum-
stolzierte. Drei Bier (0,33) - 25 Finnmark. Davon leben sie sonst drei Tage.
Am Freitag ist ihnen die finnische Armee auf Fahrrädern begegnet, etwa fünf
Dutzend oder mehr Jungs in Tarnanzügen mit umgehängten Knarren kamen
ihnen auf einer nicht asphaltierten Landstraße auf olivgestrichenen robusten
Rädern entgegen und erwiderten artig alle Klingelgrüße.
Dr. Loni stellt fest, dass die letzte Tafel Schkolade vom Schmelzen gerettet
werden muss.
Das Wetter ist so, dass Achim und Mammi seit zwei Tagen ohne Hemd radeln,
der Doktor im Bikini - die Bremsen freun sich auch darüber.
Vermutungen werden angestellt, was die finnische Fämili im See sucht - die
Uhr?, - das Gebiß?, - Kontaktlinsen?, - ein Fotoapparat?
Nachdem noch drei Mann zur Suche mitm Motorboot hergeschippert werden,
verläuft dieselbe erfolgreich.
Es waren die Autoschlüssel.

Viertes Kapitel
NASENTAMPONGS

Zweiter dummer August, Montag.
In Sulkava, in Sulkava
war leider noch kein Päckchen da.
Dafür können Dr. Lo und Achim morgen früh um Ölf ihre Pappen bei der dortigen
Polisi abholen.
Ein Telefongespräch nach Bärlin kostet 6,95. Fünf Penniä weniger als die
büllichsten Zigaretten. Aba: Kaffeebohnen sind unterwegs.
Das Öl ist alle und das Vorderrad quietscht erbärmlich, dafür gibt's Lachs-
majonäse, rosa.
"Damußmandorsch", sagt kleenesdickes Dokta.
Und so isses. Dem Achim is als hätta so was schon vorher geträumt.
Die Mammi hat schon wieder im Traum einen alten Schulfreund gesehen. Erich
Koch. Alles spielte sich aufm Schulhof in Ludwigsburg ab und zum Schluß mußte
sie noch irgendwelche Klamotten aus der Turnhalle abholen.
Vielleicht noch mal nach die Blaubeeren kieken.

Am Dienstag fragt das Arschloch vom Valentina-Supermarkt den Doktor Lo "Haben
Sie gut geschlappt?" Und auf des Doktors Gegenfrage, wie er denn geschlafen
habe, fängt er an zu finnäseln . "Bessel als Sie!".

Mittwoch,
gestern exakt drei Wochen nach der Abfahrt sind wir in Dr. Lonis Kindheits-
paradies eingetrudelt.
Der Empfang war sehr herzlich. Für den Doktor war sogar ein Brief aus Bärlin da
und zur Begrüßung gabs Schweinebraten und Erdbeeren. In Ermangelung
besserer Worte beim Rumgeführtwerden sagt der Doktor häufig "Werrinaiß".
Tränen fließen.
Zu dem Hof gehört ein See, ungefähr so groß wie der T- See, aber ein fast
unberührtes Naturparadies, voller Fische, mit Seerosen bewachsen und Wald an
den Ufern.
Direkt am See das Saunahäusle: welch eine Lust, gestern abend aus allen Poren
schwitzend in den kühlen See zu springen.
Für die Rückgabe der Pappen mußten Achim 80 und Dok 57 Marka löhnen. Auch
war vom 16. August als Rückreisetermin die Rede.

Gestern sind die drei auf den staubigsteilen Inselwegen besonders Geschlauchten
erst fünf Klometa zuweit geradelt, bis dahin, wos nicht mehr weiterging. Obwohl
der Doktor die Einfahrt wiedererkannte und Achim an genau dieser Stelle das
Pedal verlor.

Als Quartier bekamen die drei struppigen Südländer eine neu gebaute Holzhütte
mit drei Räumen zugewiesen, von denen sie aber nur einen beanspruchten -
immer noch mehr Platz als in der Hundehütte: Zwei Betten und noch ne Matratze
ufm Boden, ein Schrank, ein Tisch, zwei Stühle. Nach der Sauna am ersten
Abend Besuch von Auweijo, der amerikanischen Wiski mag, das Mitbringsel der
Gäste pappbecherweise runterkippt und in der weiteren Umgebung Strom-
leitungen legt. Sein älterer Bruder ist Scheriff in Helsinki. Im Juni gabs hier ein
paar kalte Tage, mit Schnee und Minusgraden, jetzt in der Augusthitze kaum
vorstellbar. Aufeino, der Vater mit der Erdbeernase, war letzten Monat 14 Tage
im Krankenhaus, Operation. Vielleicht ist daher die große Narbe am Bauch. Im
Winter, sagt Aufeijo, trinken die Finnen viel aus Einsamkeit, zuwenig Mädchen im
Winter, zu viel im Sommer, meint er. Heute Nacht vielleicht Hauki
(Hechte) stechen im See. Da fahren sie nachts mitm Ruderboot raus und leuchten
mitm Halogenscheinwerfer auf die Wasserfläche, bis die neugierigen Hechte
angeschwommen kommen, die dann mit einem langstieligen Dreizack aufge-
spießt werden.

Wäsche waschen, rudern, schwimmen, angeln und sich in der Gegend
umschauen, steht jetzt auf dem Programm der abgestiegenen Radfahrer.
Schön wärs, wenn die Mammi irgendwo Augentrost fände gegen Heuschnupfen.
Gäste haben Probleme, die die Gastgeber vermutlich garnicht durchschauen. Die
Versorgungslage ist noch etwas ungeklärt. Zwar besteht Anlaß zu der
Vermutung, dass die drei Sommergäste nicht verhungern werden, aber sie
wissen nicht so recht, ob sie nun, wenn sie gefragt werden, ob sie essen wollen,
dazu eingeladen sind oder etwas abdrücken sollen und sie versäumen es,
diese Frage zu klären.
Am zweiten Tag gabs wieder Abendbrot, gut und reichlich. Aber eine
merkwürdige Stimmung. Auweijo sprach kein Wort mit den Ankömmlingen, dafür
viel mit dem Kuhsäng auf finnisch, einer Sprache, die sie nicht verstanden.
nach dem Essen ist er gleich mit seinem Opel abgedüst und hat sich wohl
irgendwo einen Kasten Bier geholt. Die Drei sitzen auf der Schaukel und stellen
Mutmaßungen an über irgendwelche Neuigkeiten aus Sulkava, die zum
Klimaumschwung geführt haben können. Soeben knattert olle Aufeino mitm Mofa
vom Gehöft.
Fahrpläne, Landkarten und Wörterbücher werden studiert. Auweijo rennt mit der
Flinte rum. Auf die Frage von Dr. Lo, ober er Hauki schießen geht, sagt er nur:
"Morgen".

Donnerstag,
ein langer Trip nach Puumala
und abends in die Sauna - ja!
Was die Liebe für die Seele ist die Sauna für den Körper.
Was die Liebe für den Körper ist die Sauna für die Seele.

Freitag (noch vier Monate bis Nikolaus)

Abends nachm Erdbeerpflücken
tun Mammis Arme scheußlich jücken
und nachmittags in Sulkava
war wieder mal keen Päckchen da -
dafür Herr Arsch von Valinta
(oder wie der Laden heißt)
Dok und Achim jagen Fliegen,
die Katz bleibt faul im Schlafsack liegen.
Herr Ka mit seinen Jesuslatschen
tut sie gleich massenhaft zermatschen.
Erdbärn sind derzeit Massenware,
die Pollisi schickt Formulare
wer wo und wann geboren sei
und eingereist und solcherlei
Infos braucht die Bullisei.
Wissen wollnse ooch: Wasbinnisch?
Pappnasenmacher - wie heißt das wohl auf finnisch?
Dem Doktor Loni (ohne Hut)
gefalln die Teppiche ganz gut.
-:-
und abends is Schwimmen im See
ooch ohne Sauna ganz schee.

Verregneter Samstag, 7. August
Nachmittags hat der Regen zwar aufgehört, aber die drei haben keine passenden
Klamotten, um durch nasse Wiesen und Wälder zu streifen.
Dr. Lo hat keene Lust zu der angebotenen Küchenarbeit, was geheißen hätte:
Erdbeeren zum Einfrieren präparieren. Achim hat versucht, sein Polizeiprotokoll
zu übersetzen und mechanikt an seinem Fahrrad rum. Speichen anziehen und
den neuen Mantel montieren, den er gestern in Sulkava gekooft hat.
Mammili hat ein paar Kapitel in dem von Achim mitgeschleppten dicken Schinken
von Marylin French (Frauen) gelesen. Ein realistischer aber ein wenig humorloser
Hausfrauenreport aus der Amiprovinz, findet Mammi. Is ja ooch nicht jede Frau
Virginia Woolfe und ooch nicht jeder Düüp Korl Moi oder Wolda Ullbrischt niwohr?
Die French jedenfalls ist nur in kleinen Portionen zu ertragen.
Mammili hat wieder vom Knast geträumt. Die Mitgefangenen machen ihr
Vorwürfe wegen der Fahrt nach Finnland: ob sie nicht gelesen habe von dem
milden Urteil gegen einen Faschisten in Finnland? Man verweist auf einen der
Mammi unbekannten Stern (Artikel).Sauer fragt sie: "Ist das hier ein Tribunal?"
In einem Paralleltraum taucht Professor Bärmann in einem bunten
Glitzerjäckchen auf. Ausführung. Die Mammi macht sich Gedanken, wie und wo
man ihn verstecken kann, damit er nicht mehr in die Kiste muss.
Dr. Lo träumt von einer Autofahrt mit Kerlen, die der Dok zunächst für Kripobullen
hält. Es stellt sich heraus, dass sie Zuhälter sind und Dok beschließt
aufzuwachen.
Vorher hat Dok Peter Paella und WG nach Finnland verträumt.
Der finnische Rundfunk macht mal wieder einen läppischen Eindruck, bringt
Samstagmittagmusik der Fünfzigerjahre, vermischt mit Sportreportaschen.
Dok macht sich Gedanken über die Arbeitsweise der Post.
Die Mammi grübelt, ob man bei dem Wetter eine Kahnpartie machen kann. Wenn
wenigstens die Sonne rauskäme. Oder soll sie noch die eine oder andere
Postkarte schreiben?
Lonidok befindet, dass so ein Erdbärkackao garnich schlecht kommt.
Frau French schildert die "Freuden" der Schwangerschaft. Die Mammi schüttelt
sich.
-:-
Ein nachmittaglicher Spaziergang durch den Wald bringt eine leichte
Entschärfung der aktuellen Klopapierkrise, als die Mammi neben einem Sauna-
häuschen an einem unbekannten See das dazugehörige Klohäuschen entdeckt.
Nasse Füße und eine handvoll Blaubeeren für die Mammi, diverse Walderdbeeren
für das Schnöfelmonster und drei oätlige (wie die Schweden sagen) Pilze mit
Würmern.
Achim hat unterdessen supersüße Erdbärmarmelade gekocht, was leider ein
kleiner Beitrag zur Verschärfung der aktuellen Spirituskrise ist.
Beim Fahrradbasteln ist Achim aufgefallen, dass sein Gepäckträger durchgerostet
ist und wie der Rahmen einer kleinen Schweißerei bedarf.
Wenigstens kommt gegen Abend die liebe Sonne noch mal raus.
Wer schon mal versucht hat, Teile eines alten Fahrradmantels mit Hilfe eines
Stücks Angelschnur aus Nylonfaden und einer vorne am Schleifstein zugespitzten
Sticknadel auf die in Fetzen runterhängenden Sohlen von Adidas Stiefeln zu
nähen, der wird`s in Zukunft lassen. Es ist nämlich zwecklos, sagt Mammi.
Am Abend wird unter großem schöpferischen Einsatz aller Beteiligten, soweit sie
nicht rudern müssen, mit zwei Angeln bewaffnet in See gestochen. Achim fängt
einen kleinen Fisch und schmeißt ihn wieder in den See, die Mämmi fängt eine
Seerose.
Der Sonntag, halb grau, halb sonnig, beginnt mit einem unerhörten Frühstücks-
marathon.
Dr. Lo und Achim haben gestern mit Aufeino geredet, dass sie gerne mal wieder
was essen würden und bei dieser Gelegenheit erfahren, dass sie das einen Tag
vorher anmelden sollen. Also ist für Sonntag Essen angesagt.
Und weils noch immer nicht so richtig klappt mit der Verständigung, ist, gerade
als die drei mit ihrem reichhaltigen Restefrühstück in der Küche fertig sind - es
gab ja nur gekochte Eier und vier Sorten Marmelade und fünf Sorten Käse - ist
drüben der Tisch für sie gedeckt mit Nudelauflauf, Pellkartoffeln, Wurst, Käse,
Butter, Brot, diese vorzüglichen selbstgemachten sauren Gemüsepickels und
natürlich Milch und Erdbeeren. Obwohl unsere drei Helden das Zeug heldenhaft
in sich reinstopfen, bleibt die Hälfte stehen.
Abends im Wald gibt`s allerhand Beeren und ein Paar Pilze, die über Kerzen
(Spiritus alle) auf Butter gebraten sehr lecker schmecken.
-:-

Am Montag kriegt Achim beim nächsten Bauern sein Radl geschweißt. Ein Anruf
bei der Post in Sumatra ergibt das Übliche: kein Päckchen. Eigentlich müßten sie
trotzdem los, weil so gut wie nix mehr zu Fressen da ist und ooch keen Sprit, um
Nudeln oder Reis zu kochen. Aber unter diesen päckchenlosen Umständen hat
niemand Lust, schon wieder nach Sumatra zu radeln. Wetta: grau und kühler.
Beschlossen und verkündet: heut nix Sumatra, sondern mal sehn, was Wald und
See so hergeben.
Der Gang in den Wald ist zunächst pfifferlingreich und für die Mammi eine einzige
Heuschnupfenfolter.
Nießen, schneuzen, Rotz ablassen.
Selbst das Blaubeerpflücken macht keinen Spaß.
Schließlich bringt Naseputzen mit Moos wunderbare Linderung und anschließend
verwendet Mammi Nasentampongs mit Moos.
Aufm Rückweg wimmelt es nur so von Blau- und Schwarzbeeren. Doktor Loni
geht verschütt, wie immer im Wald, kommt aber wenig später vergnügt und mit
einer Blume im Mund angewackelt. Hat noch ein paar Pfifferlinge gesammelt.
"Da ist so viel Platz auf dem 49-Meter-Band und die senden alle auf demselben
Fleck, irgendwie total hohl", bemerkt Achim.
Man sitzt wieder in der Kiste, hat am See überm Holzfeuer gebratene Pfifferlinge
mit Nudeln und den von Dr. Lo in mühsamer Kleinarbeit gesammelten Salat aus
Breitwegerich-, Löwenzahn- und Schafsgarbeblättern verspeist und hinterher
Blaubeeren verputzt. Das Angeln scheiterte daran,dass sie keine Würmer fanden
und sich die Fliegen nicht an der Angel hielten. Dafür gabs reichlich Ameisen.
In Frankfurt geht ein Tag der Krisensitzungen zu Ende.
Das Sanierungskonzept von AEG- Telefunken ist gescheitert - piepst die
Kurzwelle. Steinkühler spricht von einem gesamtwirtschaftlichen Ritt auf der
Rasierklinge.
Achim hat herausgefunden, dass ein Flug von Mikkeli nach Helsinki 45 Minuten
dauert...
Dr. Lo denunziert dem Mückenkoller lästige Flugobjekte ("Da ist noch eine") und
rechtfertigt dieses Verhalten damit, dann brauche er nicht aufzustehen.
Und Dr. Lo, die hyvä sielu, hat heute Augentrost gefunden, so dass die Mammi
zur guten Nacht noch ein Augenbad nehmen kann - ein guter Tag zur
Bekämpfung des Heuschnupfens mit natürlichen Mitteln.

Fünftes Kapitel
KÄRPAKET

Dienstag, Mammis neue Schuhe sind schon wieder naß geworden, aber das
macht nichts, weil inzwischen die Sonne wieder scheint und in Sumatra, wo die
Hauptpersonen des Romans heute wohl zum letztenmal waren, war endlich mal
ein Päckchen da. Jetzt sitzen die drei auf der Schaukel, essen Nußschokolade aus
dem Kärpaket aus Bärlin, welches ächt gut kommt, hören Stimmen, ihre
eigenen, finnische, die von Vögeln und von Kühen, vom Wind in den Blättern
und das Husten (Raucher-) der von Herrn Ka ungalanterweise so genannten
gehörlosen Waldfrucht, dem etwas wortkargen und sauertöpfischen Mädchen,
das der Bäuerin in der Küche und aufm Feld hilft. Heute abend merkt die Mammi,
was ihr auf dieser Reise so oft gefehlt hat: Riläkste Gespräche.
Lonidok strahlt schokoladenmäßig. So soll es sein.
Achim denkt an die Möhren. Er denkt auch an alles.
"Stellmerdiemalintopprin- sonsthammernkühlschranknass".
Gesagt, getan.
Heute gibt es nur negative Katastrofen.
Dr. Loni hätte nicht gedacht, dass wir so viele Pfifferlinge finden würden, aber es
war voll gut gestern.
"Und diese Mikstpickels, die se hier machen"
"Im letzten Jahr hats ja viel geregnet, da werden viele gewachsen sein".
"Es hat ja jeden Tag geregnet".
Wenn man es eiskalt plant, dann reicht der Kärpaketinhalt  bis zur Rückkehr nach
Paua-Sitti.
Nicht ladenmäßig, sondern kafeemäßig. Kaffee is so anregend.
Doktor Lo würde gern finnisch sprechen, hat aber keine Böcke, finnisch zu
lernen.
Man hört ein Auto auf der Straße vorbeifahren. Es ist - leider nicht der erste
Saunabesuch.
"Heute abend noch mal Sauna, det wär wat, wa?"
Achims Vermieterin is eine lauwarme Serweeja (oda Serweßa?). Doktor Loni hat
Appetit. Die Mammi ist übarascht.
Gegenüberraschung: Mammi muss pissen. Da is Doktor aber Fahrrad mit Panne.
Lieba platta Dokta.
Achim geht mang die Globusbären.
Der Mammi sind sie zu harntreibend.
Das Schnöfelmonsta kann sich jetzt wieder bewegen. Det is ne Idee. Sonst wird
es ooch zu kühl in Mammis kurzen Hosen.
-:-
Etwas später in der Hütte will Dr. Loni wissen, wie das mit den Kartoffeln war, ob
wir sie in Pell- oder in Salz machen.
Achim kocht Marmelade und behauptet, dass sie diesmal gut wird. Eine kleine
Prise Salz macht er jetzt dran. Dr Lo war Kaffee mahlen und hat von Hyvä Sielu,
der Eigentlichen, einen Kuchen geschonken gekrochen, der schmeckt wie Weiß-
brot mit Marmelade.
Der Marmeladentopp sieht aus wie`n rodelnder Geysir mit Erdbeersträuchern
drum rum. Außerdem isses schon viel weniger geworden.
"Gewichtsschwund durch Erhitzen", bemerkt Herr Ka.
"W = E mal Fensterkreuz".
"Höllensuppe mit gezuckerten Flammenspitzen. Lecka".
"Sauna heute abend wär gut".
Die Mammi hat mal wieder von der Bühne in ein andächtiges Publikum von drei
beifällig rauschenden Bäumen gepinkelt.
Die Marmelade brodelt. Das Saksofon erinnert daran, dass D-Land auf finnisch
Saksa heißt.
Das Radio bringt internationale Diskoscheiße, die Mammi brüht sich etwas
Johanniskraut gegen Rübenweh.
-:-
Noch später köcheln die Kartoffeln (Pell-), die Kuh hat gekalbt (Nielotscho) -
Hyvä Sielu ( wie die Bäuerin vonm Doktor genannt wird) hat Dr. Lo extra in den
Kuhstall geholt und nach`m dritten Durchgang Sauna fühlen sich alle wieder  wie
neu.
Der letzte Abend in Erikniemi, wenn das Wetter morgen das Abradeln erlaubt.
Vor dem Zubettgehen wird noch auf das Vorzüglichste gespeist und das
Geheimnis der Fliegen gelüftet, die ehemalige Christen sind, die jetzt Engel
geworden sind, während der liebe Gott verdrossen nach ihnen haut. Oder Motten
wie Daedalos.
Die Engel werden gejagt. Tote Engel müssen wahrscheinlich als Menschen wieder
auf die Welt.

Sechstes Kapitel
SAIMADAMPFA

Tränenreicher Abschied von Dr. Loni bei Hüwä Sielu und vorher im Kuhstall am
Mittwoch.
Dann ein Gespräch mit dem verschmitzten Aufeino.
In den Schuppen, sagt er, werdense noch mehr Möbel reintun und mehr Elektrik.
(Wat meint er denn damit? Die drei Sommergäste merken nicht, dass er das
Gespräch aufs berufliche Wirt-liche bringt. Das passiert halt, wenn man zu
verklemmt ist, über Geld zu reden. Stell dir vor, sie würden in dem besetzten
Haus in der Dröhne jedem, der ein paar Nächte da pennt und mitißt, ohne
hinterher was abzudrücken, gleich ne Rechnung präsentieren. Hotel Dröhni.)
So radeln die drei mit Klingeling vom Gehöft und machen ihre Rechnung ohne
den Wirt, der ihnen mit Sohn Auweijo am Steuer des weißen Opel
hinterhergebraust kommt. 500 Finnmärka werden gefordert, Freundschaftspreis
für Dr. Lo ein Hunni, für die andern das Doppelte. Mit betretenen Gesichtern
werden die Börsen gezückt und die Knete zusammengelegt. Noch etwas
deutsches Geld und es reicht. "Dann ist ja alles gut", sagt Bauer Aufeino und
Auweijo macht nochmal freundlich Winkewinke vom Steuer. Jetzt hat er die 500
für die neuen Reifen.
Unsere drei, schon wieder klüger geworden - es ist kaum zum Aushalten! -
machen jetzt Pläne, wie sie die Sauna nach Berlin bringen und spekulieren, ob es
mit dem nächsten Dampfa klappt.
Auf nach Puumarmelade!
"In Finnland beginnt es, Herbst zu werden", bemerkt Dr. Lo. "Schau mal, die
Bäume sind schon gelb und rot und kühler wird`s. -
"Aber es blühzt ooch alles", bemerkt die Mammi.
Aber es stimmt: es wird Herbst. Kurzes Jahr hier, kurzes.
-:-
Kaum sind die Räder der drei von der Dampferbesatzung fachgerecht an der
Reling vertaut, stürmt eine Rentnerband das Schiff. Einer sucht lautstark
Ingeborg. Die drei Radler zur See suchen sich einen Platz an Deck, wo nicht so
viele Sitzplätze und einander suchende ältere Mitbürger auf Erholungsreise an
ihnen vorbeidrängeln.
Doktor Loni und seine Begleiter entdecken ihre Leidenschaft für Kekse und
Marmelade, womit sie zum Glück gut versorgt sind.
Der Dampfer liegt noch an der An- und Ablegestelle in Puumarmelade, zur Linken
sieht man eins von den kleinen Autofährteilen von Puumarmelade zum
imatrawärz führenden Ende der 62 tuckern.
Diese selbstgemachte Globusbärmarmelade mit Kexn kommt wirklich nicht
schlecht.
In den akustischen Schmetterlingsnetzen Mammilis fangen sich Rentnerspruch-
blasen wie:
"Jadesischagutspolschter" und "hallohanndanoaplätzlefürmich" und "ischdie-
weltauchschonzuende" und "lieberdahausimwindsitzenbleiben" und "daischzum-
beischspielschönesonne" und "derfotografiertunsnoch, derbautgeradeaufwennwir-
ablegen, kommwirmüssenwinken".
Die Suur-Saima fängt ganz fürchterlich an zu tuten und legt los und dampft ab.
Man sieht nur noch die Anlegestelle, das Café, den Omnibus der eingeschifften
Rentnergang, zwei Kirchtürme von Puumarmelade hinter Bäumen, Häuser, kleine
Anlegestellen mit Booten, Wald, ab und zu eine Saunahütte, ein Holzschuppen.
"Stellt euch vor, das ist die Havel", sagt Dr. Lo.
Aber die Havel ist höchstens ne Lilliput-Saima und überhaupt kein Naturparadies
mehr wie das soeben durchdampfte.
Jetzt fängts janz schön an zu winden und gemeinerweise schiffts auch noch.
Noch sitzt man im Trockenen.
Die Tickets. Für die Fahrräder noch mal den halben Fahrpreis, das heißt, pro
Nase und Sattel 75 Finnmärka für 1 + eine halbe Stunde Fahrt.
Dafür geht`s zügig durch ein Labürint von Wasserstraßen, es gewittert bei teil-
weise blauem Himmel. Ein tolles Schauspiel vom Schiff für die drei, die gerade
auf die andere, trockene Seite desselben geflüchtet sind.
Später flieht man vor dem einsetzenden Hagel in die Mitte des Schiffs, wo der
Durchgang von linx nach rechz und von oben nach unten ist.
Rentner fotografieren.
Es blitzt.
"Da fotografiert noch eena", bemerkt Herr Ka.
Die Suur Saima dampft jetzt an Unmengen von Flößholz zur Linken vorbei.
Zwischendurch ist die Mammi nach unten gerannt, weil der Schleißverdruß von
der schwarzen Tasche nach Entnahme der Marmeladegläser nicht zugemacht und
Schlafsäcke in der Tasche sind. Ham hoffentlich nicht zuviel Regen abgekriegt.
Man dampft an einer Fähre vorbei. Das Schiff hat noch einen Zahn zugelegt und
dampft rütmisch durch den Regen, welcher seinerseits rütmisch übers Dach
wischt. Dazu Donner, Blitz, Wolken, vereinzelt Fetzen blauen Himmels.
Jetzt wird zur Abwechslung vor dem Wind geflohen nach vorne rechts, die
Mammi immer druff bedacht, Kuchen, Marmelade und Handtasche mitzu-
schleppen. Doktor Loni scheint in ne Kabine geflüchtet. Auch pissen kann man
auf dem Dampfa.
Als Achim vom Klo kommt, erzählt er, dass die Spülung nicht ging, weil
der Kahn schief steht.
"Es sieht hart aus, wenn Leute ohne Kopfbedeckung vorbeikommen, die Haare
nach vorne".
Die Mammi hat`n schönes Plätzchen auf dem Boden zwischen Schornstein und
abgestelltem Gepäck gefunden. Man dampft reichlich schief durch das prasselnde
Gewitter.
Der restliche Hefezopf ist durch das Marmeladenglas in Mammis Bauch
gewandert und unten, wo die Wellen schon größer sind, riecht`s schon gut nach
Essen. Muss lustig sein, wenn auf den schrägstehenden Tischen serviert
wird.
Es erhebt sich die Frage:
"Was machnwa bloß,wenn uns das Schweinewetta aufm Radl im Wald ereilt oder
nachts im Zelt?"
Ein dicker Mann mit Costa- Rica - beschriftetem Sonnenhütchen holt seine
Reisetasche ab, die auf dem Kasten neben der Mammi stand, wodurch Mammis
Blickfeld größer wird. Wie kommt det braune Hausbesetzazeichen auf den
silbernen Schornstein der Suur Saima? Isjaoochegal.
Die Wolken sehn fantastisch aus. Ein fürchterliches Tuten und der Doktor glaubt,
wir sind gleich da.
Aufhören mit der Regnerei!
Sonst erstmal untas näxte Dach...
-:-
An Land ist das Wetter wieder radfein. Bei Levänen findet sich für den Abend
und die Nacht ein gutes Plätzchen neben einem verlassenen Saunahäuschen am
See. Im Schein der untergehenden Abendsonne angeln Achim und die Mammi
zwei Fische, die ob der roten Flossen von Dr. Lo für Rotbarsche erklärt werden.
Sie werden entschuppt, ausgenommen, in der Pfanne über Holz gebraten, in den
Reis gemischt und zur allgemeinen Zufriedenheit verspeist.

Siebtes Kapitel
EMM WIE MARMELADE

Am Donnerstag wird gut gefrühstückt und bei tollstem Radlwetta auf guter
Straße nach Savitaipale gerollt, woselbst ein guter Einkauf und eine kleene
Duunatpause aufm Programm stehn.
Dr. Lo ist nachm Essen meistens anzusehen, was es gab.
Weitagez.
-:-
Am Donnerstagmittag sitzen die drei am See, da wo die Straße zwischen zwei
Seen langläuft (derartige Stellen könnse sich inzwischen ja vorher raussuchen,
nachdem sie eine gewisse Übung im Landkartenstudium erlangt haben) und
reden über Rüstungswahnsinn, nachdem sie vorher wat geroocht ham, der eene
n Schtick mitm Dokta und der andere n Pfeifchen mitm Dokta. Wie sindse druff
gekommen?
Weil Achims Partner im Flohmarktbisiness, Olli der Gute, n paar überknielange
Lederhosen von der Wehrmachtsmarine sich besorgt hat, U- Boot- Lederhosen.
Ausgerechnet die Schweine, die alles kaputtmachen, kriegen für sich die
haltbarsten Sachen, während der blöde Konsument allenaslang wat Neuet
braucht, weil der Verschleiß eingebaut ist.
Oda: Die Industrie benützt fürn Eigenbedarf natürlich bessere Werkzeuge als
fürn Verkauf hergestellt werden - sagt Achim. Und dass sie den Deutschen in
diesem Jahrhundert keinen Krieg mehr andrehen können, weilse gemerkt haben,
dass man ooch an den Kriegen der andern gut verdienen kann, bemerkt
optimistisch Mammili, die gelenkig den Löffel ergreift, den der Doktor
braucht, um an die Marmelade ranzukommen. Der Doktor redet von den Städten
Finnlands, die alle keen Gesicht haben; nur ne alte Kirche, wenns hoch kommt,
und die Neustädte, Puu, wie Sibboo oder Sippuu, Schlafstadt Rudow im Kleenen.
Das Land prägt das Land, ne Wirtschaft wie Österreich, Turismus,
Landwirtschaft, Holz und een bisken Industrie, bemerken Achim und die Mammi.
Deshalb mögen die Finnen ooch die Alpenländer Österreich, Schweiz und von
Deutschland ausgerechnet Bayern wie der übern See Geruderte.

Das Deckelöffnen hat geklappt. Pflaumenmus kommt ja nun ober.Mmm. Mmm.
"Son Kuchen mit Pflaumenmus".
"In som Kuchen müßte Marzipan drinne sein, das wär geil."
"Gibt`s schon, brauchste nur grob aufn Preis zu gucken."
Ja, das Pflaumenmus ist gut und im Herbst wird vieles reif: Äpfel, Birnen,
Gemüse, Obst und Menschen (wenn übahaupt).
Manchmal ist das Plastikbrettsche ganz praktisch, das die Mammi so eifersüchtig
hütet und gebraucht. "Die Leute wußten schon, weshalb sie das in die Kämpa-
Ausrüstung taten", behauptet Dr. Lo. "Diese Kuchenteile", äußert sich die Mammi,
"sind auch ganz praktisch, um Marmeladengläser auszuwischen. Sowie Dr. Lonis
Hemdsche."

Es folgt eine längere Pflaumenmusumfülläktschn, weil der Blechdeckel nicht so
gut schließt wie der vom leergewordenen  Marmeladenglas. Der Wind, die Sau,
bläst Pappdeckel und Kexrollen durch die Gegend. Dr. Lo macht sich
Plaumenbörger aus Mus und Kexen. Mammi testet Pflaumenbörger und profezeit
Dok eine Karriere als Börgaking, was der Doktor ablehnt zugunsten von
Pißplänen. Achim zaubert eine weitere Kexrolle hervor.
Den Reisenden fällt EGAL ein, ein ödes schwedisches Industrienest, wo die Läden
schon um Fünf dicht machen. Warum? Egal.
Wohin führt sie jetzt ihr Weg? Nach Tuohikotti und dann müssen sie sich mal
überlegen, nicht nur, wo sie pennen, sondern ooch die weitere Reiserute.
"Schließlich führen viele Wege nach Helsinki" analüsiert Dr. Lo die geografische
Problematik. Das kann schon mal vorkommen, dass ein Kex im Marmeladenglas
steckenbleibt.
Dr. Lo bietet Herrn Ka einen Blick in die Karte an "und die Mammi sitzt eh neben
mia."
Lonis Bruder bläst die ganze Müllabteilung durch die Gegend.
Der Mista geht Blaubärmarmelade suchen (erfolglos) und Birken gießen ( mächtig
erfolgreich).
Achim hat die Blaubeermarmelade gefunden.
Im Radio piepst ein Zeitzeichen, es folgen finnische Nachrichten.
"Da gibt`s Inseln", bemerkt immer noch mit der Karte beschäftigt, Lonidok, "da
weiß man garnich, wose hingehörn."
"Doch",meint Herr Ka und erklärt mitm Finge auffer Karte.
"Vom Radln kriegt man Schwielen an die Hände."
"Radeln macht Appetit."
"Vom Radeln kriegste Wadeln", erzählen Loachami.
Zwischen Tuohikotti (noch 15 km) und Jaala (nochma 30) soll kampiert werden.
"Wir haben heute gar kein 4-Uhr-Regen (so spät isset schon?), stimmt wat mitm
Wetta nüch?"
Könnwa ooch druff vazichten uffn 4-Uhr-Regen wie gestern uffm Dampfa und
vorgestern zwischen Krikniemi und Sumatra, denkt sich die Mammi, die auf
vieles verzichten könnte.

Dr. Lo is wat ins Ooge geflogen, Achim hat bei der Fahrt eene uf die Nasenspitze
gekriegt.
"Gemein ist, wenn du ein Liedchen pfeifend vom See hochkommst und hast
plötzlich son Teil im Mund." (Wie reden denn die von den Engeln!)
Achim macht nochn Gang um die Insel. Da unten ist eine Winzinsel mit
Spielzeugbrücke, die aba trägt. Auf der Insel wächst ne kleene Birke. Fürn
zweiten Boom in der Größe is da ooch keen Platz. Und dann is da noch son
Bächle mitm winzigen hölzanen Mühlrad, welches sich ooch dann nicht drehte,
als die Mammi vorher von weita oben ins Bächle brunzte. Weil, da liegen so
Zweige vor und vielleicht is ooch der Wassastand zu niedrig.
Das waren Zeiten, vorgestern, als wir noch vier volle Emm-Gläser hatten. Emm
wie Marmelade.
Achim steigt auf Butterkex um, ooch unta dem Gesichtspunkt, von Kexen wegzu-
kommmen, erwägt aber gleichwohl die Möglichkeit, süße Kexe mit Wurst zu
belegen.
Doktor Loni möchte nicht gefragt werden, ob die Mammi noch ein weiteres
Wurstbrot essen soll. Immer diese weitreichenden Entscheidungen alleine treffen
müssen - arme gestreßte Mammi.
Trotts Brettsche hat sie soeben mit dem Pfeffakäse-
räuchawurstbrot eine Übadosis Wald(-boden) zu sich genommen. Einen guten
Pfeffakäse machen die Finnen wie die Franzosen. Und die Räuchawurst is ooch in
Ordnung, sowie der unheimlich fette Kosakenkäse.
Dr. Lonis Hundsbruder pustet der Mammi Steine aufs Wurstbrot.

Auf der Landstraße war die ganze Zeit nich viel los, nur eene gewaltige Abteilung
Militär, drei Fahrzeuge, das dritte beladen mit Rädern, diesmal aber ganz neue
Räder, nicht die Räda, mit denen die Armee vor 14 Tagen noch unterwegs
war.
Dr. Lo hat schon wieder einen Milchbart und ist ganz toll.
Die Müllabteilung wächst um eine weitere Pappdose, wo die gute pastöroita
kulutus Maitoa drin war, pastörisierte Gebrauchsmülch.
Auf oda bessa (damits nich so viel bergauf geht) ab nach T-Kotti.

Achtes Kapitel
Regen

Wir schlagen eine neue Seite auf. Hinter Kouvola haben die drei Bärlina
Radlfreiks wieder een guten Platz am Wassa gefunden. Wenns man bloß nich
regnet.
Blöde Regenwolken, fliegt doch in die entgegengesetzte Richtung ab inn Nord-
osten, wo wa radlmäßig herkommen.
Der Brühmann dampft.
Der Doktor hat sein Müsli schon gemampft und die Mammi is mit den
Präliminarien ooch soweit gediehen, kopfmäßig, um das grüne Heftle rauszuholen
mit dem Arbeitstitel "Ab nach Pfinnland" - oder sollen wir ,wie schon doktormäßig
vorgeschlagen, von Findland reden, wo wir doch schon einiges hier gefunden
haben in den Wäldern, Seen und Supermärkten (ganz zu schweigen von der
Sauna), in Doktor Lonis Kindertraumparadies,in dem von Mammi und Achim
zum erstenmal erlebten nordischen Waldarbeita- und Bauernparadies.
Die Drei sitzen vor nem Bootsteg aus Holz, der durch Stüroporwürfel übawassa
gehalten wird.
Viel gut Stüropor.
Am Bootssteg also, im aufgebauten Überfluß an Frühstüxutensilien und von der
Mammi mit dem neuen Fisch- und Jagdmessa aus Schwedenstahl nutzlos aba
flutschig abgeschnittnen Brotscheibenberg.
Das Frühstück im Cafe Katrina in Valkeala (besteentaus Kaffee, Kakao und 2-3
süße Stücken, jeda) liegt noch zu kurz zurück.
Danach Kouvala, eine wiesscheint aufstrebende Schandustriestadt, fast so schön
wie Mülheim an der Ruhr.
Doktor Lo und Herr Ka mal wieder in Landkarten vertieft.
Heute ist Freitag, der dreizehnte August.
Uollsitti hat Geburztach.
Inzwischen ist das Thema auf Tomatenbrote und Zwiebeln gekommen, die Achim
für die Allgemeinheit schneiden wollte und, Freitagderdreizehnte!, hatta sich
schon mit dem neuen scharfn Messa geschnitten, ist aber bereits mit einem
nelkenölduftenden Pflasta aus der Reiseapotheke versorgt.
Mammi hat gerade einen Engel umgebracht.
Die findländische Natur windet und wölkt, dass es nur so seine Bewandniß hat.
Welche Bewandniß?
Fragen Sie doch Herrn S aus der Görle!
Von der Frühstüxfront berichtet der Doktor, dass es manchmal mehr Spaß
macht, die Brote zu machen, als sie zu essen.
"Joo" (wie die Finnen sagen).
Mit der findländischen Bevölkerung gabs gestern nochn Erlebnis. Ob das jemals
durch einen langweiligen Bericht der Vergessenheit entrissen wird, hängt vom
Wetta ab. (Was machtn Reinhard Wetter jetzt? keine Ahnung, die Mammi hat
nur vom Djim geträumt, von den Falklandinseln, vom Schachspielen und
sokurzdanachkeenwunda vom Abistress - dropsdem, schon schade mit dem
versäumten Klassentreffen. Vielleicht wärs ooch ätzend gewesen. Auf Vasäumtes
könnwa janzjut abkacken.
Der restliche Brühmann wird aufm Spiri uffjewärmt.
Gestern, dieser erste polyglotte Zivilist, der die drei Radabenteura an ihrem
vorgesehenen Zeltplatz gefragt hat, auf welcher Sprache er ihnen die Stori von
dem miliärischen Sperrgebiet erzählen soll, konnte tatsächlich gut deutsch.
Meinte, sie sollten sich finnische Sporträder mit Gangschaltung koofen, hatte
offensichtlich keinen Sinn für den Scharm ihrer schwarzen Vorkriegsmodelle.
Der Kaffee kocht.
Dann kam der General mit dem großen Kommando-Daumen. Stand an der
Kreuzung wie ein finnischer Idi Amin und hat die drei Radla üba einen Waldweg
ins Hauptquartier abgeschleppt. Einen laubgeschmückten Panza hat die Mammi,
die im Nebenberuf Sowjetagentin is, im Gebüsch erspäht.
Doktor Lo erkundigt sich nach weiteren Pflaumenmusinteressenten. Die Mammi
sinniert üba Appetitlosigkeit und üba die Schwierigkeit, gleichzeitig mehralei zu
tun und zu denken und erhebt wieder einmal die vom Klassenstandpunkt völlig
undurchdachte Forderung nach dem 48-Stunden-Tag.
Gleichzeitig fängt es an zu pissen und ooch der Mista verspürt ein Bedürfnis (Der
Brühmann).
Beim Vomstegpissen sieht man oval sich ausbreitende Schaumkrönchen und das
Spiel der Regentropfen aufm See, was zum Zuklappen des Büchles zwingt.

Neuntes Kapitel
FREITAG DER DREIZEHNTE

Son finnischer Augustregen ist zwar noch lange nich son Schwein wie der ameri-
kanische Ronald Regen, aba es sieht so aus, als wollte er am Freitag, dem 13.,
Katz und Maus mit unsern Dreiradlern spielen, die sich in ein Regenhäusle an der
übanäxten Bushaltestelle geflüchtet haben und damit beschäftigt sind, ein
bißchen zu trocknen; keena von ihnen hat richtige Regenklamotten mit, Achim
mit der Karte hat eine Jugendherberge in vier km Entfernung ausgemacht, gleich
neben dem Bahnhof. Es kursiert ein Plan, sich etappenweise von einem
Wetterhäusl zum andern dorthin durchzuradeln.
Blitz, Donner, Regen - lustig isses, dem Tanz der Engel über den Pfützen auf der
Straße zuzukieken. Abanuaneweile.
Es ist gleich Sieben und wenn sie loswölln müssense sich gleich aufraffen
odawat.
In der Richtung, wose hinwölln, schüttez nochmea, aba das Gewitter scheint
ooch dorthin abzuziehn. Üba ihnen wirds hella. Frau Sonne soll bald durch-
kommen. Imma noch sieben Sekunden zwischen Blitz und Donner.
Auf den Feldern linx sehen sie schon die Sonne golden glänzen.
Eenemeenetintenfaß,
wer was wagt wird ooch nich naß.

Die Jugendherberge von Myllykoski sieht aus wien nettet, adrettet, kleenet
Bauernhaus. Die Drei sind scheints die einzigen Gäste. FraunWirtin spricht keine
Fremdsprache aba die Verständigung klappt ooch so.
Sie kriegen ein Zimma mit drei Betten für eine Nacht. Sehr sauba und bekwem
für 23 Finnmärka prozinken.
Über dem Bett hängt ein Foto einer Gruppe von acht Rotgardisten mit
grouchoähnlichem Oberlehrer (mit Schnauzbart und einer runden Brille mit
schwarzem Drahtgestell). Die sitzen unter einem Marxporträ und diskutieren
angestrengt Fragen der Kulturrevolution und den Speisezettel - genaueres geht
aus dem handschriftlichen Text hervor unter dem Foto auf Finnisch und
Chinesisch.
Beide Sprachen beherrschen sie ungefähr gleich gut, wenn man außer 8 läßt,
dass sie nicht wissen, was gut (hüwä) und danke (kiltos) und Aschenbecher
(tuochtakotta) auf Chinesisch heißt.
Aba laßt unsre drei Pedaltanatiwis erst mal drei Wochen in China sein...
-:-
Acht Hohlkugeln übereinander aus einem Stück Holz, ein Kunstwerk hat
Achim gesehen von einem, der so ne spezielle Ausbildung macht. Holzarbeiten,
der Achim gerät ins Schwärmen, am liebsten würde er damit anfangen, einen
Baum zu fällen und ihn in Teile zu schneiden.
Auf Schnurzwelle berichtet der Kikerikias, dass in Danzig wieder Unruhen von der
Leninwerft ausgingen.
Das Nelkenöl, das gegen Engel kaum mehr eingesetzt wird, hat Achims
Zahnfleischschmerzen vertrieben. Und von vertriebenen Schmerzen berichten wir
lieber als von Vertriebenenverbänden.
Es kommt zu einer Kraftprobe zwischen den Stuttgarter Kickers und einer unbe-
kannten Gegenkraft, weil Achim zum Glück an der Sondereinstellung weiter-
geblättert hat. Deutsche Sportnachrichten in Findland, wo ihnen auf allen
Straßen- und Waldwegen Dschogger entgegenkeuchen, wie Doktor Kabacke und
Professor Bärmann im Trakthof oder der olle Nurmi persönlich.
Oder der Tüp auf den Langlaufschiern mit Rädern, der ihnen schon am ersten
Tag abends aufm Radfahrweg einer aus Helsinki hinausführenden Landstraße
entgegenspurte.
Oda, wennde abends am Bootssteg sitzt und da kommt eena im Auto ange-
braust, steigt in der Badehose aus. Kopfsprung vom Steg, Runde geschwommen
und raus und das am späten Abend, wos den Südländern ohne vorherigen
Saunagenuß schon viel zu kühl für Baden war.
Und die Zeitungen bringen alle mehr Sport als sonstwat.
In jedem Kuhdorf tausend Sportplätze und in manchem größeren Kuhdorf gibt`s
Radfahrwege so groß und breit wie Bundesstraßen.
Ährlich. Det findste in Findland.
Und Unmassen von Radlern auf Sporträdern im Triko.
Und die Armee benutzt noch alte Räda.
Gestern abend hat ein General zu Fuß, wie er erwähnt, drei feindliche Radfahra
festjenomm. Die saßen dann im Hauptkwartier und stimmten in der Manier abge-
brühter Berufsverbrecha ihre Aussagen ab:
Ersten hamwa die Schilda nich jesehn (Military Area. No entry without special
permission) und zwotenz könnwa weda finnisch noch schwedisch, russisch oda
englisch und uf deutsch stand nix druff.
Leider hat sich kein (Generalstabs-) Schwein intressiert für ihre Aussagen.
Der Daumengeneral hat erst noch aufgeregt aus der Portjehslosche mit Großen
Krisenstab telefoniert, wo ihm anscheinend eine Beförderung zum Großwesier in
Aussicht gestellt wurde. Kam dann zurück und sagte was auf Deutsch, das wie
ein frisch im Wörterbuch nachgeschlagenes "Gute`n Abend" klang. Und wies
übern dicken Kommandodaumen gepeilt den Weg ausm Sperrgebiet. Dropsdem
wußten sie gleich drauf nicht mehr, ob det die richtje Straße war und fragten
vorsichtshalber noch nen andern Dienstrang, der im Auto anner Kreuzung stand,
um einer neuen Festnahme zuvorzukommen. Der konnte sogar Englisch und die
drei friedlichen Radler waren froh, aus diesem merkwürdigen Sperrgebiet samt
Soldatenschlafstadt rauszukommen, wos aussah wie bei uns in Besatza- Dörfern.
Öder Vorstadt hoch zwei mit Saubermännern, kurzgeschorenen Rekruten im
Vorschulalta, Denunziantenkinder, altmodische Diskotorten und nummerierte
Gleichförmigkeit der mit Recht so genannten Miez-Kasernen. Das andere
Findland.
Findikabaseltsam.
Achim hat entdeckt, dass de Kaffeeringe aufm Wachstuch wandern lassen
kannst...
Dr. Lo, geschickt mammipuliert, wendet sich der Kartoffelfrage zu.
Bevor wir die Kartoffeln länger rumschleppen: rin in Topp, Spiri anwerfen und
abkochen.
In Dreisterneherbergen gibt`s auch Gemeinschaftsküche mit Selbstbedienung,
aba angesichts der späten Stunde, es geht uff Mittanacht, is auf Zelle kochen
weniger Lärri.
Das Haus, in dem die drei Finlandstreicher heute pennen, ist nach Achims
Schätzung so alt wie der Doktor,Achim und Mammili zusammen, so zwischen
Gründazeit und Jugendstil. Ein Kronleuchter mit vier Glühbirnen und vier Kerzen
baumelt von der Zimmerdecke und als sie zum Anzünden eigentlich aller vier
aber dann doch nur einer Kerze aufn Tisch geklettert ist, hat die Mammi eine
halbe Tasse Tee verschüttet und fast den ganzen Tisch umgekippt.
Damit wars dann aba ooch genug Unglück für Freitagdendreizehnten, falls nich
noch Spiri explodoert und/oda der dritte Weltkrieg ausbricht, kurz vor Mitternacht.
Dr. Lo liest schon wieder in dem dicken Buch der Frau French, was insofern auch
ein Unglück is, als einaseits Dr. Lo dann weniger zur Untahaltung beisteuat,
andraseits Achim und Mammi nich in dem Buch lesen können, was Achim zwingt,
weiter im Äther zu stochern (Staatsstreich in Argentinien) und die Mammi, ihr
grünes Heftle vollzukritzeln mit all diesen langweiligen und erstunkenen
misteriösen Details.
Nebenbei kochen die Peruna. Spiri geht der Sprit aus, die Kartoffeln sind gar und
wie Herr Ka flachliegend feststellt, kann ooch nix mehr schiefgehn, denn wa
schreim schon Samstag, den fürzenden.
-:-
Zur nächtlich frühen Morgenstund
schon Karto-Fellsalat im Mund!
(Manchmal treibts die Mammi bunt)
-:-
Als der Letzte das Licht ausmachte, wars vielleicht einuanachts. Danach beginnt
das Leben in der Jugendherberge: Autos kommen angerollt, die Türklingel geht
ein halbes Dutzend Mal, finnische Stimmen und Schritte im Treppenhaus.So
geht`s bis kurz vor Drei.
Als es hell wird, stellt die Mammi fest: man ist zu viert im Zimma. Auf einer
Liege, direkt neben dem Mista, liegt ein bärtiger Strolch,der mit weit
aufgerissenen Augen die Mammi anglotzt, sich räkelt und ziemlich sümmetrisch
beginnt, die Mammi nachzuäffen.
Als die Mammi später aus dem Duschhäusle zurückkommt, wose vielleicht
gestern noch ne Sauna hätten veranstalten können,wennse Madam gefragt
hätten, als die Mammi aus dem Häusle zurückkommt und ihr Büchle aufklappt,
beginnt der Strolch ebenfalls zu schreiben. Alles in Spiegelschrift, wie der Vater
vom Affenkater: !NESEL UAS ENIEK HCOD NNAK

Zeh
ntes Kapitel
MÜLL

Am Samstagnachmittag gibt`s im Wald, ringsum nur Wald, ein Päuschen zwex
Nachtisch.
Unten klingelnse schon ungeduldig, oben hat die Mammi ein unheimlich schönes
Plätzchen im Moos entdeckt: Mindestens sieben verschiedene Sorten Moos auf
einer sonst unbewachsenen, ebenen Steinoberfläche, an einer Stelle, wo ne
Schneise terrassenförmig durch den Wald führt. Das Zelt können sie hier nicht
aufschlagen, weilse die Heringe nich in Stein kloppen können. Obs Wassa gibt, is
ooch noch ungeklärt, aber hier würde die Mammi gerne verweilen, im Freien
schlafen sogar - in der Hoffnung, dass es trockenbleibt.
-:-
Am Grab von Jean Sibelius
kochten sie mit Spiritus

Kaffee und die Frühstüxeier. Natürlich zufällig haben sie dieses Plätzchen
gefunden in Lapinjärvi, ein Kiesrondell vorm Friedhof mit zwei Holzbänken, die
teils zum Sitzen, teils als Stullenbretter dienen. Drumrum kurzgeschorner Rasen,
Ahornbäume, linx ne Maua mit Durchgang zum eigentlichen Friedhof, wo die drei
Radieschen noch nich hinjehörn, und Kirche. Neben der Kirche ein
wunderschönes, blitzsauberes Kirchhäusle im finnischen Saunastil, das man allen
durchreisenden Radlern nur wärmstens empfehlen kann.
Dr. Lo hat dieses etwas versteckte Häusle intuitiv entdeckt ( war doch schon auf
manch schwedischem Friedhof gute Abkackmöglichkeit) und will wissen, ob das
Feuer gestern von alleene ausgegangen ist.
"Nee", sagt Mammi, "es hat draufgeregnet". Das Feuer haben Achim und Mammi
nämlich im Regen angemacht, um sich noch ein bißchen zu wärmen, bevor sie
ins Zelt krochen, neben Mammis hübschem Moosplätzchen.
Der Mammi wars nämlich gelungen, die andern dazu zu bewegen, an diesem
Platz zu bleiben und nicht wie geplant zum nächsten See bei Lapinjärvi
weiterzuradeln.
Dafür hats dann gestern abend noch die ganze Nacht durchgeregnet. Aber es
gab ein fantastisches Essen unter einem Regendach aus den drei mit Sicher-
heitsnadeln zusammengesteckten Isomatten. Paprika- und Pfeffakotletts,
Naturreis mit Butterkarotten und Joghurt mit leichtem Spiritusgeschmack, weil
die drei radfahrenden Köche die eine Pfanne gelegentlich zwex Stabilität unter
den Fuß vom Spiri gestellt hatten. Diß is nich zu empfehlen.
"Eine Ledahose braucht keine Bügelfalten", singt der Micha und die Mammi fällt
ein, "nur Hosenträga, um sich dran festzuhalten".
Diß spielt auf Mammilis gestriges Abenteuer bei der Wassasuche an.

                                        KAATOO PAIKKA
                                        Avsteiningsplats

stand auf dem Schild an einem Waldweg. Ein Abstellplatz für Caterpillars odawat,
da gips vielleicht Wassa, dachte sich die Mammi.
Nach etwas einem Kilometa war der Weg zu Ende und es gab ooch keen
Wasser, sondern nur auf einem erhöhten Platz mitten im Wald eine kleine Müllhalde.
Mal sehn, was die Finnen so alles wegschmeißen.
Koffer voller alter Schuhe (wie ärgerlich, dass sich die Mammi gerade in Sumatra
neue gekooft hatte).
Große Pappkartongs mit Stoffresten und Hosen, Hemden, Jacken, zum großen
Teil altmodisch, aber ungetragen.
Porzellantassen mit Blümchen.
Eine kleine Reisetasche aus Leda.
Dicke Wintamäntel mit Fellkragen.
Ein Trenchcoat.

Zwischendurch und een Tag späta gibt`s Scheikhänds mit dem Pfarra von
Lapinjärvi, der ist untawegs zum Gottesdienst, Bibel unterm Arm gefolgt von
drei kleinen Kindern verschiedener Jahrgänge und ist übahaupt nicht böse, dass
da welche am Grab von Sibelius frühstücken.

Eine Lederjacke. Von der Art, wie Mammi sich schon vor zwei Jahren mal eine
beim Trödler in Bärlin koofen wollte und nich gekooft hat, weil ihr dreihundert
Mark zuviel warn.

In Findland
findt man allahand.

In einer Lederjackentasche ist noch ein finnischer Fünfmarkschein.
Een brauchbara Mantel mit genügend Profil für das Vorderrad von Vicki, Mammis
Drahtesel.
Ein eingerahmtes finnisches Schneidermeisterdiplom aus dem Jahr 1972.
Ne Fellmütze nach Ostlerart.
Und als Klu, zum Schluß noch entdeckt, besungene Lederhose mit Hosenträgern.
Bauern- oder Reiter- oder Ubootshosen, oben weit, unten eng
Man kann sich ausmalen, wie die Mammi jetzt rumläuft oder besser gleich
weiterradelt, denn sie wollen nach dem Frühstück in Lapinjärvi noch ein Stück
weiterkommen und die Mammi weiß noch nicht, dass sie gleich ein paar Klometa
in die falsche Richtung alleine radelt.

Heute gibt's vielleicht wieder einen Findtag, weils schon wieder windet, als Achim
beim Bauen ist. (Unsa täglich Teil laßt uns bauen). So hats gestern ooch
angefangen.
Sonntagnachmittag auf einem moosbewachsenen Felsen an der Straße nach
Malmgaden, von Himbeer- und Brennesselgestrüpp umgeben. Mit den Himbeeren
isses nich so doll, so dass die Mammi die soeben ausgeteilten Sammeltöppe
gleich wieder einsammeln kann.
Dafür scheint die Sonne.
Der Doktor schreibt eine Karte an die Bambule und bedauert, dass sie noch nicht
wissen,mit welchem Zug sie in Polentenhausen einlaufen werden.

Ne  kurze Rast aufm Brunnendeckel
is bessa als ein Loch im Seckel.
Doktor Lo will wissen, was es heute abend gibt, aba dit wird nicht varatn, wenn
eena an Ostern schon wissen will, was es zu Weihnachten gibt.
Naseweisa Dokta.
Heute abend gibt's Reste, wie immer Sonntags, wenn die Läden zu haben und
ein Töppsche Himbärn, die die drei nen halben Kilometer von der unergiebigen
Stelle noch gesammelt haben und watet gibt wird sich finden, schließlich sindwa
noch in Findland und wat uffn Tisch kommt wird gegessen, falls sich een Tisch
findt, räsonniert Mammi.
Wenn Achim auf holprigen Waldwegen radelt, klingeln Wasserflasche und
Trinkpott, die er an den Seesack uffm Gepäckträga gehängt hat, wie Kuhglocken.
Dropsdem weigata sich uns Milch zu geben mit dem Argument:
"An meine Sahnespender laß ich niemand ran".
Ein Quatschkopp dieser Herr Ka. Dropsdem sind alle froh, dass er vorhin beim
Wassaschöpfen nich inn Brunnen jefalln is, uf dessen Deckel man jetzt feschpert.
Noch fuffzehn Klometa bis zu der ins Ooge jefaßte Bade- und Übanachtungsstelle
und die horrormäßige Autostraße E3, auf der sich vorhin drei Kilometa noch
vermeiden ließen, liegt zum Glück hinter ihnen. Ganz Helsinki schien vorhin auf
diesen drei Klometern das Ferienende zu feiern.
"Liebern bisken Regen als ohne Jasmake uffe E3", meint Mammili.
Und Achim widersprach ihm ( des Reimes wegen)
"Lieber ohne Regen auf ner ruhigen Straße, als mit Jasmaske auf der E3".
Doktor Loni drückt seinen Senf lieber aus der Tube aufs Wurstbrot.Pfeffa wird
gesucht und aufm Brunnendeckel gefunden.
Bis jetzt sind sie an diesem Sonntag geschickt durch die Regenwolkenlöcher
gefahren und ham nurn paar Tropfen abgekriegt.
Vielleicht hat ooch olle Himmel ein Einsehn, wo die drei reizenden Reisenden
doch heute vonnem waschechten findländischen Landpfarra die Flossen
jeschüttelt krichten.

Ölftes Kapütl:

Seis - Stop -
GUMBOSHOP

Diesem Schild konnten Dr. Loni und seine Spießgesellen nicht widerstehen.
Zumal sie sich Gumbostrand , etwa 20 Klometa von Helsinki, schon vorher auf
der Karte rausgesucht haben als mutmaßlich letztes Nachtquartier in Findland.
Und dit Plätzchen, wo Achim auf der inzwischen wieder trocknen Isomatte een
Ding gebaut hat (und meint, es reicht noch für ne Purpurpfeife morgen auf der
Straße), während Dr. Lo neben Achim ufda Isomatte rührend um den Kakao
besorgt is, wo der Mista das Deckelpfeifchen schon wieder weggelegt hat und die
Mammi mitta alten und neuen und am heutigen Montag nochmal mit Atlantiköl
("Atlantiköl beflügelt alle Räder") Kugellaga-Vaseline (die das fürchterliche
Gekreisch von Mammis und Achims Vorderachsen beseitigt hat) gesalbten
Ledahose im Gras neben dem Dokta sitzt und ihr hoffentlich bald vollet Büchle
(Wer soll dit allet lesen?) ufjeschlagen hat, worinnen sie den Filzstift über die
Zeilen hotten läßt - dit Plätzchen ist eine von der Abendsonne beschienene
Ostseebühne.
Das Wetta is unentschieden. Bewölkt, manchmal kommt die Sonne durch,
manchmal tröpfelts ein bisken.
Am langen vorderen Steg macht ein Boot fest, eine Hausfrau mit Hund und
Einkaufstasche geht Schopping im Gumboshop. Der mutmaßliche Gemahl wartet
im Rudaboot.
Dr. Lo & Co warn heute Schopping in Porvo/Burgo.
(Städte in Finjnland haben oft  finnische und schwedische Namen, z.B. finnisch:
Helstinki und schwedisch: Helstinkforz).
Dr. Lo hat Kakao auf der Backe und den gemeinsamen Getränkebecha ohne
Kleckern mit Kakao vollgekippt.
Übern Bootssteg, berichtet Achim, kommen ne Menge Leute mit Boot zum
Einkoofen und jeder zweite bisher mit Hund.
Vorher, als sie noch an der Straße oben saßen,standen dort zwei ältere
Finnleidis mit Hunden wie bestellt und nich abgeholt. Dann wurdense aber doch
abgeholt. Vom Linienbus. Die eene Frau stand dicht bei ihnen vor so ner tollen
altmodischen Pferdekutsche, die an nen Boom gekettet war und hat ihr Eis mit
ihrer dicken Töle geteilt, die sich ständig
mit Mühe an der Leine hielt, so
dass die Töle, die den Tölenlärri machte, an die Kutsche gekettet war, die
Kutsche an den Baum und der Baum (vielleicht ne Birke) an dieses hübsche
Fleckchen finnischer Erde wie im Leben ein zufälliges ( und manchmal ooch
weniger zufälliges, aba manchmal ooch potenziert zufälliges) Ereignis an das
andere gekettet ist.

"Ersparst du ihm die Flohsophie
dann bleibt dein Lesa dumm wien Vieh".
Chinesischä Dichtaregel)

Der Junge vom Ufakiosk vorm Bootsteg macht grade dicht und untahält sich
dabei mit einem eisessenden und vorhin mitm Motorboot angedüsten jungen
Pärchen. Der männliche Eisessa, mit eina dieser hierzulande tüpischen Fuffziga-
jahrefrisuren und Mittelscheitel, hat noch ne Zeitung in der Hand, die von außen
viel Ähnlichkeit mit nem Springerprodukt hat und im Innern wahrscheinlich
weniga Blut und mehr Sport enthält. Die junge Frau ist blond und rotjäckig, trägt
zwei Obsttüten und een kleen Pappkartong und gleich sind beide mit nem
Motroboot inselwärts getuckert.
Aufm Bootssteg sitztn weißbärtiga jugendlicha Oller und hält sein Motorboot fest
und wartet wohl auf jemand, nämlich Madam mit Kopftuch und weißem
Regenmantel, rechts die schwere Einkoofstasche, linx die schwere Plastiktüte und
jetzt knattern sie von dannen.
Ein Junge mit gelbem Pulli, zwei schweren Eimern und zwei leichten Plastiktüten
hats wohl eilig und verstaut den Kram, um den Rest zu holen. Jetzt kommt er
zurück, gefolgt von dem schwanzwedelnden Rest, einem Dackel, der elegant
vom Steg ins Bootsche springt. Herrchen zündet sich ne Zigarette an und macht
die Leine los, worauf der offenbar gutdressierte Dackel strippeziehend den
Außenbordlärmotor anschmeißt.
Vom Rudern haltense wohl nich so viel die Finnen und ihre Dackel. Sie ham fast
alle keine Zeit und rasen wie die Besengten mit Autos und Motorbooten durch die
Gegend, aba irgendwo isses ooch vaständlich bei den kurzen Sommern einaseiz
und dem natürlichen Reichtum des Landes an Möglichkeiten andraseiz und den
Entfernungen außadem - aba dropsdem: die Finnen ackern zuviel und finden
zuwenig. Und nichnua die.
Übrigens sind da insgesamt vier Bootsstege, aber am meisten los ist an dem
vorderen. Eben ist zur Abwexlung mal eena vom zweiten Bootssteg abgedüst, een
junga Mönsch mit blaua Jacke.
"Da hamwaja ne Supamülltüte heute", freut sich Achim über den leeren
Cornflexkartong ("Jaja, schicken sie mir die vier Tiger für nur 15 Finnmärka an
Kellox"). Zornflex warn Teil der umfangreichen Proviantaufnahme in Porvo, wo
die drei am Sonntagabend auf einem öden gebührenpflichtigen Zeltplatz
gelandet waren, nachdem sie an der Abfahrt zum eigentlich zur Übernachtung
vorgesehenen Badeplatz mangels Ausschilderung vorbeigeradelt sind.
Findnixland - manchmal.
Dr. Lo notiert die Reiseroute. Achim bemerkt, dass ab und zu Meisen vom Baum
fallen. Genauer gesagt Ameisen. Die Mammi robt sich an den süßen Zopf ran,
um sich mit Doktors heute erworbenem Finndolch die eine oder andere Scheibe
abzuschneiden.
Mithülfe allermöglichen Landkarten ist Achim dabei, ne Klometarechnung uffzu-
machen. Doktor Lo, der auf schwierigen Hinreiseetappen das große Einmaleins
übte (z.B. wieviel ist 9 X 17) verspricht nachzurechnen. Die Mammi, da keene
Butter rumsteht, begnügt sich mitta juten Bärmalade uffn Zopf und knutscht
mitm Doktor rum.
Ein finnischer Intellektueller (trägt Brille und hat keen Hund), der aussieht wie
der Grabe, kommt übern Steg.
Die Mammi beschließt, dem Pinkeldrang zu folgen und sich sodann uf Buttasuche
zu begeben, beantragt dann aba statt dessen gleich die Eröffnung der
Abendbrotsvorbereitungen, was Anklang findet.
Ein Boot mit großer Besatzung macht fest und es klettern und purzeln heraus:
Oma mit Hund und dünne Oma, rote Jacke, zwei Einkaufstaschen, drei jungsche
Piepel mit vielen Einkaufstaschen undn kleenet Mädchen mit rota Schwimm-
weste, was vamutlich hier wie auf Christians-Ö der Brauch, weils praktisch ist.
Ein Oller mit schwarzer Baskenmütze und ner Kiste leerer Bierflaschen kommt
gumboschopwärts übern Steg, die Mammi holt den Eimer mit den Schteiks aus
der rechten Satteltasche.
Vielleicht zwei Stunden später hat die Mammi gekocht und es ist alle geworden
und keena hat gemeckert. Is Mammi ooch zufrieden. Jeben jabs Pfeffa- und
Basiliskenschteiks, eine fädenziehende Soße aus Gemüse, Käseresten, Joghurt
und Körrireis. Jetzt ist die Runde bei Nugatkrisp, Neskaffee und Zigarette
angelangt. Doktor Lo addiert Zahlenreihen, während Achim Landkarten studiert.
Es geht ümmanoch um die Klometarechnung.
Lonidok gibt bekannt, dass sie nach seiner Rechnung 872 Külometa in Findland
gerollt sind.
Die Mammi ist heute vor der Sokost- Halli beim Proviantverstaun von einem
mittelaltalichen Finnen angequatscht worden, welcher aba nicht der Kaufhaus-
detektiv war, sondern der Sohn des Vaters, der einmal ein Fahrrad desselben
Fabrikats fuhr wie die Mammi. Dass die Mammi in so Situationen immer an
Detektive denken muss, is möglichaweise auf rheumatische Kindheitserlebnisse
in der Vorweihnachtszeit zurückzuführn und vielleicht sollte sie deshalb mal ne
Psüchologin konsultiern, die nach jahrelangem Studium der schönen Künste
wenigstens ne Ahnung hat von der Dimension der menschlichen Drexistenz im
Hier und Heu oder wies der Dichter Theodor Pustewind einmal formuliert hat:

ALLÜBAALL IM GEDRÄNGE UND MIEF
LAUERT DER KAUFHAUSDETEKTIV

Ein einzelner Motorbootfara legt schwungvoll am Steg an und bringt sich selbst
und weitere achzehn vertäute Boote ins Schwanken. Statt nu aba
ins Wassa zu fallen, um dem anschruchsvollen Publikum was zu bieten, blickt er
auf die Armbandua und rennt zur Bushaltestelle hoch. Der arme Kerl: hat nicht
mal Zeit, um ins Wassa zu fallen. So geht die Geschichte, soweit sie die
Geschichte der Reise nach Findland ist, nun still und unschpektakulär ihrem Ende
entgegen. Achim hat immer noch keinen Elch gesehen, außer den
Verkehrsschildelchen und dem Elch  auf dem Holzgriff von Lonidoks Finndolch.
Aba noch is nich alla Tage Nachmittag, vielleicht gehen sie morgen noch mal in
den Tierpark von Helstinki und was das Ende betrifft, so kann, ooch wenn dann
die ganze Spannung im Eimer ist, soviel verraten werden: es wird
wie jedes Ende ein neuer Anfang sein.
Achim hat in Findland 910 Kilometa errechnet, 38 mehr als der Doktor und in
Willbrandtinavien zusammen 1530. Eine große Walda-Meise schleppt ein Riesen-
-trumm Holz üba die Isomatte, der4 Doktor sitzt noch üba schwedischen
Landkarten, die Mammi hat eine Postkarte an eine Psüchologin geschrieben ohne
die Traumproblematik anzuschneiden.
Es wird kühl, die Jacke hängt am Zaun und wenigstens einer der um sie herum-
stehenden Bäume könnte gegossen werden. Abends sitzen noch ein paar bier-
trinkende finnische Inseloberschüler um das Lagerfeuer herum, denen zu Bärlin
nur IDEAL einfällt, von denen der dickste und betrunkenste nachts über
Zeltschnüre stolpert, den Reißverschluß aufzieht, dem Doktor das Haar streichelt
und wie später vermutet wird, aus einer der Satteltaschen, alle sonstigen
Fressalien mit Verachtung strafend, eine Packung Wursträdchen zum sofortigen
Verzehr stibitzt.
Gelegenheit, Macht, Diebe...
An dieser Stelle dürfen alle Leser, die bisher nur gelangweilt konsumiert haben,
bis zum Beginn des nächsten Kapitels ein bißchen nachdenken, meditieren,
diskutieren, rumagieren und, wofern Kreuzberga, meinetwegen ooch een Bier
trinken gehn.

Zwölftes Kapitel:
OSTSEE

Der Finnschet is ne Riesen-Trickkiste,
ausgebucht mit Au-Warteliste.
Beim Ticketkoofen heißts, dass es für Liegesitze (-die am billigsten sind-) schon
reichlich Warteliste gibt. C-Kabinen, pronase ungefähr 30 Finnmark teura, wär
aussichtsreicher. Auf die Warteliste kommt nur, wer die Tickets gleich kooft.
Wenns nicht klappt, gibt's hinterher das Geld zurück. Das nächste Schiff am
Samstag sei auch schon ausgebucht.
Am Kai werden zuerst alle Bordkarteninhaber abgefertigt.Leute, die werweißwie
lange vorbestellt haben. Von einer Hamburgerin, die eine in Helsinki wohnende
Freundin besucht hat und ooch mitm Radl unterwegs ist, hören die drei, dass die
Finnschet schon letzte Woche ausgebucht war, weils die erste Nachsäsonfähre
mit Billigtarif is. Zum Schluß, als der Fahrplan schon fast abgefahren ist, kommt
die Warteliste, Autos und Radfahra gemischt. Nach Liegesitz- und Kabinen-
warteliste wird erst recht nicht getrennt. Die drei Bärlina haben die Warteliste Nr.
14. Bei Nr.13, einem PKW, heißt es: ab jetzt nur noch Radfahra. Das hätte man
sich ja gleich denken können, dass für Räder immer Platz is. Dropsdem ein Nerv.
Wenn sie nicht mitgekommen wären, hätten sie nicht gewußt, wie sie mit der
verbleibenden Knete und den laufenden Tagesspesen nach Polentenhausen
hätten zurückkommen sollen, ohne ein Ding zu drehen.
Als es die Bordkarten gibt, heißts dann: Es gibt aber nur noch Liegesitze. Wenn
sie mitwollen...
Klar wollen sie. Und als Achim nachm Ticket greift, " die brauchen sie nicht mehr"
behält sie die Frau im Kontrollhäuschen. Jetzt hat man ihnen zuviel abgeknöpft
und sie haben nicht mal mehr nen Beleg dafür. Doktor Lo lässt sich von Mammi
und Achim nicht abhalten, sich darob am Infoschalter aufm Schiff zu
beschweren. Da stehn noch mehr Leute. Ein bärtiger Mensch mit drei Kindern hat
seine bezahlte A-Kabine besetzt vorgefunden, weil dasselbe Ticket zweimal
verkooft wurde. Jetzt soll er mit die drei Kinder in ne B-Kabine und is saua.
Andere Beschwerden werden akzeptiert, aba Geld zurück gibz nich an Bord, läuft
üba Reisebüro.
Als Dok & Co anner Reihe sind, scheint die Frau betroffen, sucht das Ticket,
findets aba nich. Sie sollen morgen wiederkommen. Wenn sie die Durchschläge
der Tickets gefunden haben, gäbs ne Bescheinigung,sonst Bescheißigung. 90
Finnmark, fastn Fuffi, sind bei dem genaustens kalkulierten Büdschee der drei
nich wenig.
Die Autofahra werden noch mal schnell zu ihren Blechkisten gejagt, weil die
Autodecks abgeschlossen werden. Dr. Lo & Co haben vorsichtshalba damit
gerechnet und die restlichen Fressalien, die nachm Frühstück in Gumbostrand
und nach der Brotzeit aufm Palettentisch am Kai noch übrig sind, plus einiger
hektischer Besorgungen in Helsinki, gleich von den Rädern mit hochgenommen.
Jetzt wird's zu windig und zu kühl, is wohl ooch schon 9 Ua finnische Zeit durch,
und Dr. Lo & Co beschließen, etwas an Bord spazieren zu gehen.
"Sonst erlebt man ja nix" (Dr. Lo).
Und es kommt die Rede darauf, zu den Pullmännern zu gehen und ein kleines
Abendbrot zu sich zu nehmen.
"Diese ganze Lauferei und Rumsteherei und der Nerv und die gute
Ostseeluft machen Appetit" (Mammi).
Die Finnschet ist gerammelt voll, der Rentnablus vom Saimadampfa is ooch
wieda da und eine von denen meinte zu ihrer Begleiterin im Brustton des
Sichwunderns "Duliebezeit", als sie die Mammi dasitzen sah, deren geblümte
Pumhosen aufm deutschen Urlaubaschiff mehr Ufsehn erregen als unter der
finnischen Landbevölkerung.
"Weg von diesem zugigen Deck!" ( Mammi, röckeraffend).

Am Mittwoch wird auf der Ostsee gefrühstückt und es schmeckt. Die Drei, zu
denen sich die Hamburger Deern gesellt hat, sitzen wie schon gestern beim
Abendbrot vor den Liegesitzen, zwischen so einer komischen Spiegelbar und den
Getränkeautomaten und kochen und futtern unter reger Anteilnahme der nicht
minder komischen Mitreisenden.
So hatten sie bereits am Dienstagabend wejen der vielen dißbezüglichen
Anfragen ein Schild ufsteln jemußt:
JA!
Uns schmeckts
Kiitos

Eine Liegesitzreihe hinter ihnen bläst jemand dezent auf der Flöte. Im Bordkino
nebenan (Eintritt Dm 8,50) läuft gerade Mickimaus. Freiheit für Mickimaus!
Gepennt haben sie nicht auf den scheißunbequemen Liegesitzen, sondern ein
Stockwerk höher im 7. Stock des Schiffes (auf dem man mitm Fahstuhl von 1 -
n 9 fahren kann) am Bug hinta Glas. Geduscht im ersten und bei Opa Stuß
(wie Information auf finnisch heißt- Opastus) eine schriftliche Bestätigung der
Finnschet gekriegt, dass man ihnen zuviel abgeknöpft hat.
Die Mammi rollt ihre Kippe und wirft sie haarscharf neben die Müllbehälta drei
Meta tiefa. Doktor Lo liest den feministischen Hausfrauenreport von Frau
French.
Mit deutscher Lektüre an Bord siehts mau aus.
Ein vom Heyne-Verlag als Krimiklassiker der 30er Jahre ausgegebenes
Machwerk mit dem Titel "Kennen Sie den Heiligen?" wurde von der Bordkritik
regelrecht zerrissen.Weg damit!.
Und deutsche Käseblätter gibt's nich. Der Time ist zu entnehmen, dass Ronald
Regen graue Haare kriegt und dass in Wessiland jetzt 1,75 Millonen Arbeitslose
registriert sind und es geht weiter mit Volldampf in die Krise und wenn Beirut
von der israelischen Luftwaffe kurz und klein gebombt wird, dann ist das
angeblich ein Alleingang vom israelischen Kriegsminister. Onkel Ronald ist sehr
böse und ruft Menachem an und der kriegt rote Ohren und sagt, dass sein
Kriegsminister in Zukunft keine Alleingänge mehr machen darf.
Die Mammi wurde am Fahrstuhl von einer Saimadampfarentnerblusoma ange-
quatscht, ob sie nicht Dingenspingens wär. Was wär gewonnen wenn?  Beide
Fragen bleiben offen.
Die Arche ist gut besetzt. 1500 Leute, aber häufig trifft man dieselben.
Abends gibt's Nudeln mit Schappi aus argentinischen  Corned-Beef-Dosen, die
Mammi geht zweimal Wein holen und wacht später von den eigenen und Achims
Schnarchgeräuschen auf, die sie in den unbequemen Liegestühlen sitzend, von
sich geben. Dr. Lo hat in der Hamburger Deern, Warteliste Nr.17, einen guten
Gesprächspartner gefunden mit einem roten Schlafsack desselben Modells, das
Dr. Lo in blau hat. Die Reißverschlüsse beider Säcke sind kombinierbar.
Am Donnerstagmorgen backbord voraus, zwei Stunden bevor der Fahrplan mit
der Finnschet in Strafemünde ankommt, gibt's einen wunderschönen
Regenbogen über der Ostsee. Auf einem trockengewischten Plastikstuhl an Deck
7 sitzt Mammi, läßt sich die Luft um die Nase wehen und fühlt sich ein bißchen
alleene.
Die Mammi hat das Gefühl, dass sie und der Doktor sich in der letzten Zeit nicht
mehr allzuviel zu sagen hatten und erotisch wars ooch nicht mehr so spannend.
Ehepaarmäßig. So solls nicht weitergehn.
Wo doch Findland überall ist. Geh mit offenen Augen durch die Welt, Mammi, und
du findest überall angenehme Reisebegleiter und Wege, auf denen es Spaß
macht, zu reisen.

Dreizehntes Kapitel
BÄRLIN

Am Donnerstagabend in der Dröhni scheint die Sonne wieder.
Es macht Spaß, die Bambule wieder zu sehen.
Un den Hollum, der zufällig gerade am Kochen ist, als Dr. Lo und die Mammi
nach einem kurzen Abschiedspicknick mit Achim im Tiergarten, abends in der
Dröhni einlaufen.
Es schmeckt so gut wie untawegs.
Der Rächer ist erst vorgestern aus'm Krankenhaus rausgekommen und wäre nach
seiner Blinddarmoperation fast gestorben.
Harry hat sich endlich mal seinen Bart abgenommen und zeigt ein ausgesprochen
scharfes Räubermondkinn.
Dr. Lo ist froh.

Es ist noch mehr als bei früheren Reisen das Gefühl, nachhause zu kommen.
Das Treppenhaus unten ist neu bemalt mit einem Spekulanten, dem die Zigarre
aus'm Mund fällt und der Stuhl unterm Arsch weggezogen wird.
Die Mammi entdeckt mal wieder, dass sie den Doktor liebt. Was sie auch schon
in den Abgaswolken aufm Autodeck stark gespürt hat.
Als Dok und Mammi ins Haus kommen, sehen sie als allerersten Wulkraft, der
grade aufm Radl das Haus verlässt, Hannes, der den Rasen im Hof sprengt, Iris,
die im Musikraum Gitarre spielt, die Bambule, die gerade mal wieder dabei ist, ihr
Zimmer aus einem Chaos in einen gemütlichen Platz zum Zusammensitzen zu
verwandeln.
Dr. Lo hat bereits für den folgenden Tag eine große Zimmeräktchn angekündigt;
nich alle Pflanzen auf Doktors Balkong sind eingegangen.
Und ein Haufen Post ist da: für den Doktor unter anderm eine schwedische
Zeitung,wo das Interju mit den Radlern aus Berlin im Sportteil abgedruckt ist.
Postkarten aus Südamerika - die Thea hat der Mammi aus Frankreich
geschrieben und aus einem Paketabholzettel für Mammi geht hervor, dass ein
Paket für die Mammi inzwischen als unzustellbar behandelt wurde, wohl
zurückgeschickt.
Renate, Hollum und Schanett fahrn morgen zur nationalen Libanondemo nach
Punkfurt.
Jürgen will ausziehen, weil er sich in der Dröni nicht wohlfühlt, was er mit ein paar
Worten schlecht erklären kann.
Wenn klappt wird morgen endlich der Gasherd im Dritten angeschlossen, die
Gasag hat bisher allerhand Scherereien gemacht.
Bambule kreiert aus einem alten Hütchen eine schöne neue Lampe und paßt gut
in die Lederhosen aus der Märchenwaldbutik. Später sucht sie einen Reim auf
manchmal.
Manchmal fühlt sich Andreas verstanden.
Doktor Lo kann endlich wieder Farben aufs Papier bringen, die untawejens
manchmal arg gefehlt haben.

Hendrik und Doktor Lo haben heute einen Dr. Lo- Sehnsuchtsblues geschrieben.
Maries Brief aus Sült kann die Bambule unheimlich schwer entziffern.
Der Ottermensch Hollum liest ein Kapitel über Ottermenschen vor, deren
Pflanzentotem die Zitterpappel ist, die medizinisch zur Bekämpfung von
Heulfieber angewandt wird. Der Otter ist eins der liebenswürdigsten und
spielsüchtigsten Tiere. Ottern besitzen aufgrund schnellen Stoffwexls einen
unersättlichen Appetit und haben eine reiche Sprache. Sie bauen sich
Rutschbahnen, spielen "follow the leader", ein amerikanisches Kinderspiel. Es ist
denkbar,dass spielende Otter Ursprung vieler Legenden über Seeschlangen sind.
Im Zeichen des Mondes der Rast und Reinigung geboren sind die Ottermenschen,
die häufig kraftvolle und profetische Träume haben.
Ottermenschen gehören zum Klan der Schmetterlinge.

Es ist drei vor Zwölf, Zeit den Schampus zwex Renates Geburztag ufzumachn.
Eine abenteuerliche kostümierte Karawane schleicht auf Zehenspitzen in
Rrennoodes Zimma, voran Hollum mit der Sektflasche und der Kauntaun gelingt
auf Anhieb.
Die Mammi ist ein im Mond der Mais-Aussaat geborener Hirsch-Mensch, die
Bambule ein im Mond der knospenden Bäume geborener Habicht-Mensch,
Dr. Lo ein im Mond der ersten Frösche geborener Schlangen-Mensch, kriegt
soeben gärtnerische Ratschläge, die eingegangenen Balkongpflanzen betreffend:
Mehr Erde in anderen Behältern mit Sand ufjelockat.
Rrenoode erzählt die Geschichte vom Großen und dem Kleinen Adler.

Zwischen der Bambule und der Iris hat sich einiges geändert seit sie das letzte
Mal zusammen in einer Wohnung gewohnt haben. Jetzt wohnen sie zusammen in
einem Haus. Das ist besser.

Auf'm Weg zur Post auf der Schulstraße, kurz vor der Exerzierstraße sieht Mammi
die schwarze Sprühparole: "Alternative 82". Darüba rot "Bambule 83".
Späta am gut gedeckten Frühstüxtisch (heute war endlich der GASAG Mensch da
und hat den Gasherd angeschlosssen. Er war sehr freundlich und hat mit dem
Hollum nochn Kaffee getrunken), war davon die Rede, 83 zum Jahr der Bambule
zu machen und, wie einer der Anwesenden meinte, 1982 zum Jahr der Diebe.
Dann setzte er sich hin und verfaßte mit diebischem Vergnügen so eine Art
Diebsmanifest:
mehr liebe für diebe
der nimmt sich was er braucht,
raucht
(dreimal dürft ihr raten was -
schit
und selbstangebautes gras)
der dieb muss manchmal lehrgeld zahlen.
egal.
der dieb stiehlt nicht für sich selbst allen,
er kann sichs leisten, nett zu sein.
damit ihrs wißt:
der dieb ist anarchist.
waffen sind schrott,
verdienen spott.
weg damit.
eigendumm
ist dumm.
weg damit.
der dieb kann denken,
schenken,
seine schritte selber lenken.
der dieb ist ein gescheiter
faiter.
und ist der dieb auch oft gescheitert,
stets hats den horizont erweitert.
eigentum ist diebstahl.
diebstahl ist noch lange kein eigentum
die bullen sollen
unverzüglich
mit kuchenformen und teigrollen
ausgerüstet werden,
damit sie aussehen wie hausbesetzer.
mehr liebe für diebe.
auf die frage, wie es ihm gehe,
meinte der dieb,
mir geht's klaumäßig gut.

ENDE


















    
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